Zuletzt aktualisiert am 10. April 2020 um 19:01
“In Helsinki brauchst du keine Führung, da kann ich dir alles aufschreiben”, sagte ich leichtsinnig zu meiner Freundin C., die im Zuge einer Ostseekreuzfahrt einen Tag in Helsinki vor sich hatte. Ich begann. Und fand, dass ich aus meinen Tipps auch gleich einen Blogpost machen konnte. Zumal ich noch eine Freundin namens C. habe, die im gleichen Sommer im Zuge einer Kreuzfahrt mit Sohn in die Stadt kam. Deshalb hier meine Tipps für Frauen, die einen Tag in Helsinki genießen möchten, die dabei nicht auf Design-Shopping verzichten wollen – Design in Helsinki ist nämlich ein Muss – und die möglicherweise in Begleitung von Personen sind, die alles andere interessanter finden. Frisch upgedatet!
Liebe C.,
die Innenstadt von Helsinki beginnt unmittelbar am Hafen; Du kannst alles zu Fuß machen. Zu allererst kommt Ihr über einen kleinen Markt mit sehr blöden und sehr guten Souvenir- und Essensständen. Seit mir dort mal eine Möwe im Flug eine halbe Pirogge aus der Hand geschnappt hat, stehe ich diesem Ort gespalten gegenüber.
Ins Stadtzentrum von Helsinki
Direkt dahinter siehst Du den klassizistischen Dom weiß aufragen – im Grunde das Herz der Stadt. Dort solltet Ihr hingehen. Er wurde Mitte des 19. Jahrhunderts durch den Zaren erbaut; damals war Helsinki noch russisch. Rechts davon steht auf einem kleinen Hügel eine rote Kirche mit Zwiebeltürmen: die Uspenski-Kathedrale, die größte russisch-orthodoxe Kirche außerhalb Russlands. Für unsere Kinder und uns sehr beeindruckend, aber wenn Ihr vorher schon in St. Petersburg wart, könnt Ihr die wohl schwänzen.
Zwischen Hafen und Dom habt Ihr linker Hand bereits einen Blick in die Flanier- und Shoppingstraße Esplanadi geworfen. Interessant ist vor allem ihre nördliche Seite, die Pohjoisesplanadi. Die musst Du ablaufen. Ziemlich schnell kommt Ihr zum Café Jugend, in das Ihr unbedingt hineinschauen müsst: ein grandioses Beispiel für den nationalromantischen finnischen Jugendstil. Du könntest ein paar korvapuusti (wörtlich: Ohrfeige) kaufen, die finnische Variante des Franzbrötchens, und Deine Familie hier für ein Weilchen deponieren.
Eine Straße voller finnischer Designgeschäfte
Du musst nämlich weiter, und was jetzt kommt, verzeihen Dir die Männer nicht: erstmal Aarikka, eine Designmarke, die auf Holzperlen setzt – bei Schmuck genauso wie bei Inneneinrichtungsgegenständen. Du kannst Dich hier erstklassig mit hübschen Weihnachtswichteln eindecken. Ein bisschen weiter dann Iittala und Arabia, Glas und Porzellan: muss sein, wenn man in Sachen Design in Helsinki unterwegs ist. Und schließlich, wenn Du von der Pohjoisesplanadi rechts in die Mikonkatu biegst: Marimekko! Viel Spaß im Musterrausch; ich würde gern mit Dir tauschen! Sollten die Jungs in der Zwischenzeit ungeduldig auf Deinem Handy anrufen, schick’ sie in die grüne Mitte der Esplanadi, dort gibt es Kioske mit gutem Eis (jäätelö).
Ganz am Ende der Esplanadi kommt noch der Akademische Buchhandel, dort könnt Ihr Euch bei Bedarf auch mit deutschen Büchern eindecken. Außerdem hatte Alvar Aalto bei dem Bau seine Hand im Spiel – schau’ Dir seine eleganten Türgriffe an. (Ein Geschäft von Artek, der Einrichtungsfirma, die Alvar Aalto mitgegründet hat, findet sich übrigens ebenfalls in einer der Seitengassen der Pojoisesplanadi – in der Keskuskatu.)
Design in Helsinki: Rund um den Bahnhof
Das reine Frauenprogramm ist jetzt vorbei. Von der Esplanadi solltet Ihr nach Norden in die große Straße namens Mannerheimintie biegen. Hier sieht man, dass Helsinki nicht einfach eine schnuckelige skandinavische Stadt ist, sondern auch einen Touch von Osteuropa hat. Finde ich jedenfalls. Wobei ich noch keine echten Aki-Kaurismäki-Stadtviertel finden konnte.
Es lohnt sich, auf der linken Seite der Mannerheimitie kurz abzubiegen in die Simonkatu und die Kamppi Chapel of Silence zu besuchen. Diese Kapelle hat man im Jahr 2012 gebaut, als Helsinki Internationale Designhauptstadt war. Sie will ein Ort der Ruhe in der Mitte der Stadt sein – für alle; unabhängig von ihrem Glauben oder Nichtglauben. Der Bau ist ein fantastisches Beispiel der finnischen Design- und Architekturtugenden: hell und minimalistisch; in seiner Wirkung ganz und gar bestimmt von der warmen Ausstrahlung des ur-finnischen Naturmaterials Holz.
Auf der rechten Seite der Mannerheimintie siehst Du bald das weiße Kiasma, das Museum für zeitgenössische Kunst. Ich fand die Ausstellungen dort bisher jedes Mal klasse; auch der Buchladen ist super.
Und dann bitte zum Bahnhof; er ist eines der architektonischen Highlights der Stadt. Auch so ein Beispiel von Finnlands ganz eigener Jugendstil-Variante – wie das Café Jugend. Eliel Saarinen hat den Bahnhof von 1904 bis 1919 gebaut. Ihr müsst auch hineingehen, denn er ist von innen und außen sehenswert.
Kaffee, Lachssuppe und Schokolade
Jetzt seid Ihr durch mit Shopping und Sightseeing; nun kommt noch das Café Fazer. Es liegt vom Bahnhof aus in der Richtung, aus der Ihr kommt und in die Ihr wieder zurückmüsst: in der Kluuvikatu; am besten, Du druckst Dir die Route vorher via Google Maps aus. Fazer ist die entscheidende finnische Schokoladenfirma; mein Mann hält die Vollmilchschokolade für eine der weltbesten. Unsere Kinder sind große Fans der Marianne-Bonbons, die man am rot-weiß-gestreiften Papier erkennt. All das und weitere schokoladige Mitbringsel könnt Ihr in dem Café kaufen. Und Ihr könnt dort Torte, Krabbensandwiches oder auch leckere finnische Lachssuppe essen.
Und dann: zurück zum Schiff! Ich weiß, so richtig tolles Jungsprogramm war bei meinen Tipps nicht dabei. Vielleicht habt Ihr vor der Abfahrt noch Zeit, zu dem Kai zu gehen, an dem die finnische Eisbrecherflotte liegt: am nordöstlichen Ende der Halbinsel Katajanokka, die vom Hafen aus nach Osten ragt. Auf Katajanokka gibt es schöne Jugendstilbauten, außerdem hat die Mumin-Erfinderin Tove Jansson hier als Kind gewohnt.
Ich bin diese Route immer abgelaufen, wenn ich in Helsinki war, muss allerdings sagen: Bei einer organisierten Tour wäre sicher noch die eine oder andere weitere Sehenswürdigkeit im Programm, die zu Fuß nicht so lässig zu erreichen ist. Aber ich würde beim ersten Mal Helsinki den Eindruck vorziehen, den man beim Spazierengehen auf eigene Faust bekommt.
Hyvää matka! (Gute Reise!)
Maria
5 Comments
Christiane
Liebe Maria,
der Schokoladenladen ist gesetzt. Auch die Weihnachtswichtel könnten möglicherweise Gnade vor den Augen meines Sohnes finden – man braucht ja schließlich Souvenirs. Danke für die Ausflugsplanung, wir werden Dir Bericht erstatten. Und ein Marimekkobild bekommst Du auch!
LG, Christiane
Maria-Bettina Eich
Sehr gut! Vielleicht gibt’s ja auch irgendwo Angry Birds. Mumins findet Ihr auf jeden Fall an jeder Ecke. Wenn Ihr an der Esplanadi entlanggeht, könnt Ihr es auch mal im Souvenirgeschäft Kankurin Tupa versuchen, da gibt es manchmal kuriose Überraschungen. Und was ich vergessen habe: Nichts ist schärfer als die Fiskars-Scheren, die unter anderem bei Iittala/Arabia verkauft werden. Da könnte selbst der eingefleischte Werkzeugfan kurz anerkennend nicken. Viel Spaß! Maria
Lena Weber
Den ultimativen Kaurismäki-Overkill gibt es im Stadtteil Kallio. Vielleicht nicht unbedingt DER Stadtteil für Reisen mit Kindern 😉 http://www.visitfinland.com/de/artikel/kallio-ein-lebendiges-viertel/
Maria-Bettina Eich
Hallo, Lena,
da war ich mal kurz – mit einer Freundin. Brauche aber nochmal mehr Zeit dafür. Mit Kindern ist Kallio vielleicht nicht unbedingt der Bringer, aber Teenager sehen das anders!
Viele Grüße,
Maria