Zuletzt aktualisiert am 25. Februar 2019 um 11:19
Vor einem Jahr geriet ich mit einer Freundin ins Citzien-M-Hotel von Rotterdam. Seitdem war ich sicher: Ich muss mit meinen Töchtern in irgendeines der Hotels dieser Kette – wegen der vielen originellen Design-Features, die auf den Geschmack ihrer Generation treffen dürften. Also verbrachten wir drei Nächten unserer diesjährigen Sommerferien im Citizen M Glasgow.
Das Hotel spricht zu uns
Schwer zu sagen, wo der Spaß beginnt. Vielleicht bei der Begrüßung durch den Teppich am Engang, der einem erstmal ein Kompliment macht: “citizenM says: nice shoes”, steht auf dem Läufer. Das Hotel spricht zu uns. Auch auf den Aufzugtüren. Dort heißt es: “citizenM says: get together”. Sehr nett, sehr witzig. Und irgendwie persönlich, zumindest vermittelt es diesen Eindruck äußerst geschickt. Irgendwo im Eingangsbereich des Citizen M Glasgow hängt eine Auflistung der Designauszeichnungen, die die 2008 gegründete niederländische Kette eingeheimst hat. Darunter ist eine für Grafikdesign. Man weiß sofort, wieso.
DIY-Check-in
Auf die Begrüßung durch den Teppich folgt der Check-in. Der findet nicht an einem bemannten oder befrauten Tresen statt, sondern an Stehtischen mit einer Reihe von Computern, an denen man sich selbst eincheckt. Das soll Warteschlangen vermeiden Auch auf dem Bildschirm spricht das Citizen M mit einem, allerdings stehen immer Leute parat, die bei Fragen helfen. “Ambassadors” heißen sie im Citizen-M-Jargon. Highlight der Eincheck-Aktion: Man darf ankreuzen, was für eine Art Zimmer man will – ob oben oder unten, ob mit Stadtsicht oder Hofsicht.
Zimmer mit Aussicht. Und Tablet.
Stadtsicht möchte man im Citizen M jedem empfehlen, der keine ausgeprägte Stadtphobie hat. Denn das entscheidende Feature der Zimmer ist das Fenster. Direkt davor, die Breite des ganzen Raums ausfüllend, steht das Doppelbett. Viel Platz hat man darüber hinaus nicht, allerdings befinden sich unter den Betten Riesenschubladen, in die normalgroße Koffer problemlos hineinpassen.
Entscheidend für das Leben in diesen Zimmern ist das Tablet, mit dem man alles einstellen kann – von der Jalousie über die Raumtemperatur bis zum “Mood”. Diesbezüglich stehen “Party”, “Relax”, “Romance” und “Business” zur Auswahl. Sobald man auf einen der Begriffe tippt, sendet der große Bildschirm über dem Bett entsprechende Animationen sowie Musik in den Raum. Desweiteren kann man über das Tablet aus einer Masse von Filmen wählen. Und vor allem kann man die Lichtfarbe einstellen – siehe Bild ganz oben. Diese Lichtspiele waren der erste Grund, aus dem ich meine Töchter unbedingt in ein Citizen M mitnehmen wollte.
Duschen mit High-tech und Poesie
Die LEDs, die für diese Lichtwechsel zuständig sind, sitzen vorwiegend im Dach der Dusche, die sich als eine Art Kunststoffröhre ins Zimmer wölbt. In der Dusche spricht das Citizen M wieder zu uns: auf den Flaschen seiner zwei Duschgels. Eins heißt CitizenAM, eins CitizenPM – ersteres für die Tagaktiven, zweiteres für die Nachteulen. Beide Lebensweisen werden in sehr trendiger Poesie auf den Verpackungen beschrieben. Während der AM-Citizen den Tag umarmt, gibt das PM-Duschgel seinem Benutzer das Gefühl, ins Wunderland einer tollen Nacht einzutauchen.
In demselben leuchtenden Kunststoff-Kompartiment, in dem sich die Regendusche befindet, ist auch das WC untergebracht. Das Waschbecken steht außerhalb, in dem schmalen Schlauch, der vom Eingang an der Dusche vorbei zum zentralen Bett führt.
Citizen M hat sich das Konzept eines “affordable luxury” für “global citizens” auf die Fahnen geschrieben, die kein Luxushotel-Chichi brauchen und mehr Wert auf zeitgemäße Technik- und Unterhaltungs-Features legen. In Glasgow wissen wir nicht zuletzt die Steckdosen zu schätzen, für die wir keinen Adapter brauchen, weil sie verschiedene Buchsen haben.
“Affordable luxury” klingt toll, ich finde das durchkonzipierte Design der Hotels klasse, und wenn so ein kleines, aber gut durchdachtes und stylisches High-tech-Zimmer wirklich affordable ist, ziehe ich es jedem teuren Luxus vor. Unser Rotterdamer Zimmer war denn auch erschwinglich – nicht jedoch das in Glasgow. Es hatte einen Preis im oberen Vier-Sterne-Bereich, was möglicherweise an einer großen, zeitgleich zu unserem Besuch stattfindenden Sportveranstaltung gelegen haben mag. Genossen haben wir die drei Nächte trotzdem.
Frühstück für den globalen Citizen
Frühstück kann man im Citizen M dazubuchen, wenn man will. Wir tun es, und es lohnt sich. Das Büffet ist erstklassig; es gibt Frisches genauso wie Britisches in hoher Qualität. Das Büffet ist um einen großen Tresen angeordnet, innerhalb dessen die “Ambassadors” von Citizen M einem Teewasser, Cappuccino, Kakao bereiten. Am Abend dient dieser Tresen als Bar und als Verkaufsstelle für die “Canteen” des Citizen M: einen Rund-um-die-Uhr-Shop, in dem man Getränke und Snacks kaufen kann.
Wir essen unser Frühstück auf Loungesesseln an niedrigen Tischen in einem Areal, das von bestückten Bücherregalen eingerahmt wird. In Rotterdam waren in solchen niedrigen Regalen herrliche orange Penguin-Buchrücken zu sehen, in Glasgow bemüht man einen Designtrend, dessen erklärte Gegenerin ich bin: Die Bücher sind mit den Rücken nach hinten in die Regale einsortiert, sodass man, schön angesagt-puristisch, nur die Struktur der Seiten anschaut. Die sind hier alle gleich hoch und bunt. Verleugnung der Buchinhalte zugunsten des Designs finde ich als Bücherliebhaberin doof.
Dafür allerdings stellt Citizen M bei dem Trolley für benutzte Frühstückstabletts wieder seinen Sinn für Poesie unter Beweis: “citizenM says: trolley is hungry. Please feed with dirty trays.” Ich liebe hungrige Trolleys. Vor allem, wenn sie eine Ballerina mit Teller-Tütü samt leckerer bunter Früchte und Doughnuts zeigen.
Designhotel – aber sowas von
Irgendwie ist ja schon klar, dass sich diese ganze Individualität, Flexibilität, Technik- und Designaffinität sowie kommunikative Coolness an den Citizen of tomorrow richtet: an solche Menschen wie meine Töchter und an Millennials. Trotzdem haben weder meine Freundin noch mein Mann noch ich selbst uns im Citizen M deplaziert gefühlt. Ob fortgeschrittene Ü-40-Jährige diese Hotels mögen, hängt vielleicht von ihrer eigenen Aufgeschlossenheit für Design ab – und davon, ob sie auf mobiles Arbeiten angewiesen sind.
In Sachen Interiordesign zeigt das CitizenM gerade in den Räumen, die allen Gästen offenstehen, was es kann. Es gibt diverse Lounges und Sitzbereiche mit Vitra-Möbeln, coolen Leuchten, Regalen mit stylischem Schnickschnack und tollen Büchern, in denen man lesen kann. (Auch die Buchrücken.)
In Glasgow steht der “Living Tower”, den der Däne Verner Panton 1969 entworfen hat: definitiv eins der tollsten Möbelstücke der Welt. Den nutzt vor allem meine jüngere Tochter ausgiebig. Außerdem gibt es diverse angenehme Räume mit Computerarbeitsplätzen – und freies WLAN sowieso. Wer mobil aktiv sein will – in unserem Fall sind das zwei Teenager, eine Reisebloggerin und ein handyaffiner Vater, also alle -, ist hier optimal aufgehoben.
Design der Zukunft? Vielleicht
Citizen M rühmt sich der Tatsache, dass es so anders ist als herkömmliche Hotels. In der Tat haben die Erfinder und Designer dieser Kette das Konzept Hotel ganz frisch durchdacht – mit einem Fokus auf eine extrem mobile Klientel. Mit überzeugendem Erfolg; das Citizen-M-Prinzip hat viele Fans. Auch uns. Beschäftigt man sich allerdings mit gesellschaftlichen Tendenzen, dann stößt man schnell auf die Tatsache, dass der mobile Citizen – Namensgeber der Hotelkette – die Abwechslung liebt. Nach augenblicklichem Erkenntnisstand werden die Milliennials und ihre Nachfolger aus der Generation unserer Töchter zeitgemäß-unkomplizierte Orte wie das Citizen M zu schätzen wissen, außerdem aber auch gern mal in plüschigen Traditionsherbergen, lässigen Hostels, Glamping- oder Wellness-Unterkünften absteigen. Nach dem sehr zeitgenössischen Prinzip: Das eine tun und das andere nicht lassen. In dem Fall sind Eltern wie mein Mann und ich nicht anders als die Kinder. Wir wollen alle mal wieder in ein Citizen M, für uns ist stimmt der Wohlfühlfaktor. Und die Design-Inspiration ist so massiv, dass ich Lust bekam, einen Blogartikel über ein Hotelkonzept zu schreiben – ohne, um das an dieser Stelle ganz deutlich zu sagen, jedwede Kooperation; nach zwei komplett selbstbezahlten Aufenthalten.
Citizen M: INFO
Das Citizen M Glasgow ist im Zentrum der schottischen Stadt gelegen. Im Augenlick gibt es Citizen M in Amsterdam, Rotterdam, Paris, London, Glasgow, New York und Taipeh; in einigen dieser Städte mehrfach. Neueröffnungen auf diversen Kontinenten sind geplant. Zu buchen sind die Hotels entweder über gängige Buchungsportale oder über die Website der Hotelkette.
2 Comments
Britta | My Happy Places
Ich war letztes Jahr zum ersten Mal im Citizen M und bin seither auch sehr begeistert von dem Konzept. Falls es dich mal nach New York oder Paris verschlägt, findest du hier ein paar Eindrücke: https://www.myhappyplaces.de/citizenm-hotels-design-trifft-auf-zimmer-mit-ausblick/
LG Britta
Maria-Bettina Eich
Hallo, Britta, danke! Ich habe schon lauter Projekte von möglichen künftigen Citizen-M-Aufenthalten im Kopf und habe gleich mal bei Dir vorbeigeschaut. New York und Paris sehen super aus…
Liebe Grüße,
Maria