Zuletzt aktualisiert am 22. August 2022 um 18:29

Reisen mit Kindern ist schön, aber es ist auch nicht schlecht, stattdessen mal mit einer Freundin unterwegs zu sein. Wobei es in dem Fall durchaus passieren kann, dass man zwischen Tiefenentspannung, Gin Tonics und Erwachsenengesprächen die Augen offenhält für Dinge, die auch den Kids Spaß machen würden – schließlich hat man das Hirn in den letzten Jahren nicht umsonst auf den Familienreiseblogger-Blick konditioniert. So ging es mir vor einigen Monaten in Rotterdam: Städtetrip mit Freundin unternommen, trotzdem mit vielen Ideen für Rotterdam mit Kindern wiedergekommen.

Praktisch: Die ersten vier Tipps kann man  wunderbar zu einer einzigen Rotterdam-Kennenlern-Tour verbinden.

1. Durch Kop van Zuid laufen

Kop van Zuid Rotterdam

Vorne: das “Las Palmas”-Gebäude aus den Fünfzigern, heute Fotomuseum; hinten: das Hochhaus “New Orleans” von 2010

Rotterdam ist keine der beschaulichen, von Grachten durchzogenen holländischen Städte, in denen man sich schlagartig in vergangene Jahrhunderte zurückversetzt fühlt. Rotterdam wurde im Zweiten Weltkrieg massiv zerstört und musste danach wieder aufgebaut werden. Und es hat etwas daraus gemacht: Die Stadt ist bekannt für ihre Aufgeschlossenheit gegenüber avantgardistischer Architektur, die ihr einzigartige Bauwerke und Stadtviertel beschert hat. Eine perfekte Dosis cooler Rotterdamer Baukultur bekommt man beim Hindurchflanieren durch den Stadtteil Kop van Zuid, was so viel bedeutet wie Kopf des Südens. Das Viertel Kop van Zuid ragt so ins Wasser, dass man herrliche Blicke auf die Stadtlandschaft hat, während man sich gleichzeitig an einem Gemisch aus ein wenig alter Hafenarchitektur und vielen extravaganten Neubauten erfreut.

Hotel New York Rotterdam

Früher der Sitz der Holland-Amerika-Linie, heute das Hotel New York

Das Viertel kulminiert an seinem südlichen Ende in dem 1919 vollendeten Jugendstilgebäude der Holland-Amerika-Linie, das heute das Hotel New York mit Ausblick aufs Wasser ist. Kinder ab dem späten Grundschulalter dürften etwas von der speziellen Atmosphäre des sehr belebten Kop van Zuid spüren; ob Jüngere viel von einem Spaziergang durch dieses Viertel haben, lässt sich bezweifeln. Aber die Eltern wollen ja auch ihren Spaß, und außerdem ist Kop van Zuid der ideale Startpunkt für eine Fahrt mit dem Wassertaxi: ein Muss in Rotterdam und wunderbar kindgerecht.

2. Wassertaxi fahren

Watertaxi Rotterdam

Wassertaxi-Station vor dem Hotel New York

Erasmusbrücke Rotterdam

Geschwindigkeit mit Blick auf die berühmte Erasmusbrücke

Die Wassertaxi-Station auf Kop van Zuid liegt direkt neben dem Hotel New York, und aufs Wassertaxifahren sollte man in Rotterdam auf keinen Fall verzichten. Die Boote sind schnell, machen eine Menge Wirbel im Wasser und bieten echtes Ferien-Feeling. Außerdem hat man von der Maas aus einen hervorragenden Blick auf die Stadt. Vom Hotel New York verkehren die Boote unter anderem regelmäßig zum Euromast und sind damit das ideale Verkehrsmittel im Zuge einer kompakten Rotterdam-Tour für First-Timers.

3. Auf den Euromast

Euromast Rotterdam

Nicht mehr ganz jung, aber immer noch eine Attraktion: der Euromast

Ich bin keine Aussichtsturm-Fetischistin, aber der Euromast muss sein. Er stammt von 1960 und bietet einen großartigen Rundumblick auf Rotterdams verschiedene Facetten: klassische Hafenlandschaften, die City mit ihren spektakulären Bauwerken, den Fluss Maas, Parks, Wohngegenden.

Rotterdam von oben

Rotterdam von oben

Zwischen den vielen bemerkenswerten Bauten gibt es in Rotterdam immer wieder Straßen, die beim Hindurchlaufen ein wenig trist sind, aber von oben sieht die Stadt mit ihrer coolen Skyline und ihrer vom Wasser geprägten Topographie fantastisch aus. Tickets für den Euromast kosten für Erwachsene 9,75 Euro; für Kinder von vier bis elf Jahren 6,25 Euro. Zur Besichtigung offen sind die Plattformen in den Monaten April bis September von 9.30 bis 22.00 Uhr; von Oktober bis März von 10.00 bis 22.00 Uhr.

4. Durch den Delfshavn schlendern

Delfshaven Rotterdam

Und plötzlich sieht Rotterdam ganz anders aus: Delfshaven

Ungefähr 20 Minuten sind es zu Fuß vom Euromast zum Delfshaven. 20 Minuten und mehr als vier Jahrhunderte. Der Delfshaven ist Rotterdams Stückchen Bilderbuch-Holland mit schmalen Kaufmannshäusern, Speichern und sogar einer Windmühle. Kommt man nach einer Tour durch die futuristische City-Architektur hierher, kann man kaum glauben, dass diese Ecke Wirklichkeit ist. Der Kontrast ist umwerfend.

Delfshaven Kirche

In dieser Kirche sollen die Pilgerväter vor ihrem Aufbruch nach Amerika gebetet haben

Den Spaziergang vom metropolitanen ins malerische Rotterdam möchte ich irgendwann mit meinen Töchtern machen, denn der architektonische Szenenwechsel ist einerseits ein irres Erlebnis, andererseits erlaubt der Delfshaven, selbst im hypermodernen Rotterdam eine Idee von den historischen Niederlanden zu bekommen.

5. Bei Shabu Shabu essen

Shabu Shabu Rotterdam

Nicht ruhig, aber lecker und originell: Shabu Shabu

Shabu Shabu Nederland

Bestell-Tablet bei Shabu Shabu

Wenn man es negativ sehen will, kann man sagen, dass es in den Restaurants der niederländischen Kette Shabu Shabu gelegentlich ein wenig laut und hektisch zugeht. Ich würde trotzdem jederzeit wieder hineingehen – und meine Kinder würden es lieben. Bei Shabu Shabu wird das All-you-can-eat-Prinzip auf die Höhe der Zeit gehoben. Bestellt wird per Tablet; pro Person darf man immer fünf kleine Gerichte auf einmal ordern. Die Idee dahinter: Es soll so wenig wie möglich liegenbleiben. Das ist nachhaltig und überzeugend. Überhaupt wird man instruiert, nicht mehr zu bestellen, als man essen möchte: Wenn einem etwas nicht schmeckt, so der Kellner, solle man ihm das einfach sagen; dann nehme er es gerne zurück. Die Qualität ist gut, die Vielfalt der angebotenen Gerichte groß: Außer Sushi gibt es Salate, Gegrilltes, Frittiertes. Alles funktioniert, am Bestellprinzip haben wir unseren Spaß, und als unsere Schicht beendet ist, sind wir definitiv satt. Jawohl: Schicht. Am Wochenende, wenn richtig viel los ist in den Shabu-Shabu-Restaurants, werden die Tische für zweistündige Ess-Etappen vergeben. Shabu Shabu gibt es dreimal in Rotterdam; wo genau, erklärt die Website – genauso wie die nach Tageszeit und Wochentag variierenden Preise.

6. Ins Museum Boijmans Van Beuningen

Museum Boijmans Van Beuningen

Seriöser Backstein und psychedelische Streifen im Museum Boijmans Van Beuningen

Natürlich muss man ins Museum Boijmans Van Beuningen, wenn man schon in Rotterdam ist. Es ist das größte Kunstmuseum der Stadt, hat eine umfassende Sammlung und ist in einem sehenswerten Backsteinbau aus den Dreißigern untergebracht. Der wird Kinder nicht unbedingt vom Hocker reißen, dafür aber vielleicht die psychedelischen Schwarz-weiß-Streifen im Innenhof. Oder die coolen Wechselausstellungen. Und natürlich der gepunktete Spiegelraum von Yayoi Kusama, der in diesem Museum sein Zuhause hat und den man hier so wunderbar für sich hat wie keinen Spiegelraum in einer Kusama-Ausstellung irgendwo auf dem Globus. Öffnungszeiten des Museums sind täglich außer montags von 11.00 bis 17.00 Uhr; der Eintrittspreis beträgt 15 Euro für Erwachsene, Besucher unter 18 Jahren sind frei.

Yayoi Kusama Museum Boijmans Van Beuningen

Yayoi Kusama: “Infinity Mirror Room – Phalli’s Field”

7. In die Markthalle und die Kubushäuser schnuppern

Markthalle Rotterdam

In der Rotterdamer Markthalle kann man essen, wohnen, Kunst bewundern

Das neueste unter den spektakulären Rotterdamer Bauwerken und mit Sicherheit das Instagram-tauglichste ist die Markthalle, die das Rotterdamer Architekturbüro MVRDV 2014 fertiggestellt hat: eine Halle voller Food-Stände, die von einem riesigen Bogen überwölbt werden. Dieser Bogen wurde von den niederländischen Künstlern Arno Coenen und Iris Roskam mit leuchtenden, überdimensionalen Motiven rund um die Marktprodukte ausgemalt. Von außen zeigt sich der Bau in Form eines Hufeisens, in dem über 200 Wohnungen untergebracht sind.

Markthal Rotterdam

Instagram-taugliche Deckenkunst in der Markthal Rotterdam

Ich war sehr gespannt auf diesen Bau, muss aber sagen: Als ich zum ersten Mal vor dem Hufeisen stand, sprang kein Funke über. Die Deckengemälde sind in der Tat höchst poppig und fotogen, man bekommt in der Markthalle auch leckere Dinge zu essen, dennoch finde ich, hier wurde zu stark auf den spektakulären Effekt gesetzt. Meine Töchter würde ich trotzdem hierher bringen ; diese Art von Fun-Architektur sieht man nicht alle Tage.

Kubushäuser Rotterdam

Avantgardistisches Wahrzeichen Rotterdams: die Kubushäuser

Gegenüber von der Markthalle liegen die Kubushäuser: hochgelagerte Würfel-Wohnungen, die der Architekt Piet Blom in den siebziger und achtziger Jahren baute. Sie sind seither zu einem gern fotografierten Wahrzeichen der Stadt geworden. Der Anblick ist fantastisch; ein Muss, wenn man mit Kindern unterwegs ist.

Kubushäuser Museusmswohnung

Schrill, aber nicht wirklich gemütlich: die Museumswohnung in den Kubushäusern

In einem der Kuben lässt sich eine Museumswohnung begehen, und nach wenigen Minuten kommt fast jeder Besucher zu dem Schluss, dass er hier nicht wohnen will. Natürlich sind die Räume verwinkelt, wie sollte es anders sein, doch es lässt sich keinerlei Raumlogik ausmachen. Außerdem ist es im Sommer so heiß und stickig, dass man schnell wieder an die frische Luft möchte. Wer auch nur ein bisschen Interesse an Architektur hat oder mit den Kindern mal eine Art Sci-fi-Location besuchen will, sollte sich den Besuch der Museumswohnung dennoch gönnen. Er kostet für Erwachsene 2,50 Euro, für Kinder von drei bis zwölf Jahren 1,50. Öffnungszeiten sind täglich von 11.00 bis 17.00 Uhr.

8. Kreative Niederlande in der Villa Zebra erleben

Villa Zebra Rotterdam

Kinderkunst in der Villa Zebra auf Kop van Zuid

Von der Villa Zebra hatten wir nie gehört, aber als wir auf unserem Spaziergang über Kop van Zuid an ihr vorbeikamen, mussten wir hineingehen, obwohl es sich um ein Kinder-Kunsthaus handelt und wir gänzlich ohne Kinder unterwegs waren. Schließlich hatten meine mitreisende Freundin und ich schon so einige Museen mit unseren insgesamt fünf Töchtern besucht, als selbige noch im Zielgruppenalter der Villa Zebra waren. Die ist auf Ausstellungen und Kunstaktivitäten für Kinder zwischen drei und zwölf Jahren spezialisiert. Wir kaufen uns trotzdem Tickets für die aktuelle Schau “Diep in het bos” – “Tief im Wald”, die sich an Besucher zwischen sieben und zwölf richtet und noch bis zum 4. März 2018 läuft. Denn wir sind überzeugt: Wenn eine Kunstausstellung für Kinder wirklich gut ist, ist sie es auch für Erwachsene.

Villa Zebra: Diep in het bos

Tief im Kunstwald in der Villa Zebra

Und sie ist es, natürlich, wir sind in den Niederlanden, und die sind zumindest in meinen Augen ein absolutes Kreativmekka, das auch Kinder sehr ernst nimmt. Die Ausstellung entpuppt sich als ein Parcours von Installationen, konzipiert mit den verschiedensten künstlerischen Mitteln, die uns viele Facetten eines dunklen, geheimnisvollen Fantasiewaldes erleben lassen: auch für uns Erwachsene ein inspirierendes sinnliches Erlebnis. Außer der Ausstellung entdecken wir diverse kreative Mitmach-Stationen, für die man nicht Niederländisch können muss, die sich also auch für Touristen lohnen. Meine eigenen Teenager-Töchter, die aus dem Villa-Zebra-Alter heraus sind, könnten ihre augenblicklichen Vorstellungen von Kreativität vermutlich eher in unserem Rotterdamer Hotel ausleben.

Rotterdam mit Kindern: SCHLAFEN

Ja, wir haben den Altersdurchschnitt im Rotterdamer Citizen-M-Hotel gehoben, und ja, wir würden es wieder tun und empfehlen dieses Erlebnis gern auch anderen Menschen, die die 40 überschritten haben. Ganz besonders eignet es sich allerdings, wenn man mit etwas größeren Kindern und Teenagern unterwegs ist, denn die Hotels der niederländischen Kette sind mit vielen sehr zeitgenössischen und einfallsreichen Features ausgestattet – nicht zuletzt der Möglichkeit, die Farbstimmung im Zimmer durch Knopfdruck digital zu verändern. Mehrere Citizen-M-Hotels wurden mittlerweile auch außerhalb der Niederlande eröffnet, eins davon in Glasgow – wir haben es mit der Familie getestet.

Citizen M Rotterdam

Detailverliebt und einfallsreich: das Design des Citizen M Rotterdam