Zuletzt aktualisiert am 22. August 2022 um 18:22

Ein alter Wunsch von mir: einmal in der Weihnachtszeit mit den Kindern nach London. Denn ist nicht London da, wo es behaglich ist, immer irgendwie weihnachtlich? Und muss es nicht mit Holly und Mistletoe vor Weihnachtlichkeit geradezu bersten? Die Antwort: Indeed. Die Briten machen was aus dem Fest.

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TRADITION

Alle Jahre wieder: Die Ausstellung “Christmas Past” im Geffrye Museum

Ein guter Ort, um mit dem weihnachtlichen London zu beginnen, ist das Geffrye Museum, in dem es um die Wohngeschichte Londons geht. Jeden Winter dekoriert das Geffrye für die Ausstellung “Christmas Past” seine historischen Wohnräume weihnachtlich – im Stil der jeweiligen Epoche.

Die Tour startet mit einer Hall, dem zentralen Raum eines Hauses von 1630, dessen festlich gedeckte Tafel eine nette kleine Täuschung bereithält: Die ohnehin schon recht lecker anmutenden Birnen, die Eier und der Schinken sind aus dem damals noch sehr teuren Zucker hergestellt.

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Das formelle Festmahl, Musik, rituelle Spiele sowie der Kirchgang und die weihnachtlichen Almosen für die Armen bleiben jahrhundertelang Zentrum des britischen Christmas Spirit; als Dekoration verwendet man nur etwas Immergrün. Bis es dann im viktorianischen Zeitalter richtig bunt wird. In einem Drawing Room von 1870 steht ein Tannenbaum, auf dem Tisch liegen Geschenke, Noten für Weihnachtslieder auf dem Klavier (siehe auch Bild ganz oben).

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In der edwardianischen Epoche zwischen 1900 und dem Ersten Weltkrieg wird das familiäre Weihnachten noch relaxter, und einige bis heute beliebte Weihnachts-Favoriten kommen ins Spiel: Stechpalmen, die Strümpfe, die am Weihnachtsmorgen gefüllt am Kamin hängen, die importierte Winterfrucht Mandarine, außerdem die englischen Christmas Crackers.

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Was die Kinder auspacken, nimmt einen zentralen Raum im weihnachtlichen Zimmer ein – und so geht es durch das ganze 20. Jahrhundert weiter. Vor allem zwischen Mitte der 50-er und Mitte der 60-er Jahre ist das komfortable Familienwohnzimmer ein echtes Kinderparadies mit Luftschlangen, Gebasteltem und einer Menge Geschenke auf dem Boden.

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Den Abschluss macht ein gut aufgeräumtes, stylisch dekoriertes Designer-Loft von 1990, in dem nur Erwachsene vorgesehen sind: der Raum, der meinen Kindern am besten gefällt. Was will uns das sagen?

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HIGH STREET

Old England in den Kaufhäusern

In den Einkaufsstraßen geht es weiter mit Weihnachten, denn in England zelebriert man die Twelve Days of Christmas zwischen dem 26. Dezember und dem 6. Januar. Ein kommerzielles Großevent.

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Unser Lieblingskaufhaus Fortnum & Mason, das ganze Jahr hindurch Hort altenglischer Schnuckeligkeit, entlockt uns noch verträumtere Seufzer als sonst.

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Hochsaison für britisches Spielzeug

Außerdem sind im November und Dezember 2014 anlässlich des “Paddington”-Films 50 Skulpturen des Bären über ganz London verteilt, jede gestaltet von einer prominenten Persönlichkeit – und sie passen perfekt zur weihnachtlichen Puppenstuben-Stimmung.

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Auch käufliche Spielsachen haben Saison, und wie es sich gehört, besuchen wir Hamleys: das berühmteste und zwischen den Jahren wohl auch das vollste aller Londoner Spielzeuggeschäfte. Flirrende Mini-Drohnen gehören zu den Verkaufsschlagern dieses Winters.

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Eine echte Attacke aufs elterliche Nervenkostüm. Da kann eigentlich nur Schokolade helfen.

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KULTUR

Ausstellungen, die zur Weihnachtsstimmung passen

Oder ein guter englischer Krimi. Beziehungsweise die passende Ausstellung. Das Museum of London zeigt bis zum 12. April 2015 eine große Sherlock-Holmes-Schau: über die Persönlichkeit des Meisterdetektivs und sein Leben im viktorianischen London. Man muss durch ein Bücherregal gehen, um hineinzugelangen.

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Londoner Weihnachtsklassiker: das Ballett “The Snowman”

Sherlock Holmes fügt sich bestens in die Weihnachtsstimmung. Aber noch besser gelingt das “The Snowman”, dem Ballett nach dem Bilderbuch-Klassiker von Raymond Briggs, in dem ein Schneemann zum Leben erwacht.

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Das Stück – wie das Buch ohne Worte – wird im Peacock Theatre seit fast 20 Wintern in jedem Jahr um die Weihnachtszeit getanzt. Das Stadtmagazin Time Out freut sich über das Kontrastprogramm zur digitalen Unterhaltung, und das Publikum freut sich auch. Der Altersdurchschnitt der kindlichen Besucher dürfte bei etwa fünf Jahren liegen, aber die Magie des Stücks verfängt auch bei unserer Neunjährigen und ihrer dreizehnjährigen Schwester. Wie bei den Eltern und bei den zwei Pärchen, die ganz ohne Alibi in Kinderform neben uns sitzen.

398.3cFoto: Sadler’s Wells Theatre

The Snowman zieht alle winterlichen Register: Eisprinzessinnen, Pinguine, lebendig werdende Spielzeuge, Carol Singers, Rehe, verschneite Wälder, Nordlichter. Und Schneemänner, Schneemänner, Schneemänner. Ein bisschen erschöpft  fliegen wir wieder zurück nach Süddeutschland. Vor unserer Tür liegt Schnee.