Zuletzt aktualisiert am 3. Mai 2017 um 22:52
Seit wir sie in unserer eigenen Stadt gesehen haben, stolpern wir auch auf Reisen über Stolpersteine: kleine, ins Straßenpflaster eingelassene Messingtafeln vor Wohnhäusern. Sie erinnern an Opfer des Nationalsozialismus, die früher in diesen Häusern gewohnt haben. Es gibt viel zu sagen über die Stolpersteine – nicht zuletzt, dass sie bestens dazu angetan sind, Kindern Geschichte nahezubringen.
Mahnmal vor der eigenen Haustür
Die Stolpersteine in der eigenen Umgebung zu kennen, kann nicht schaden
Die Stolpersteine gelten als das größte dezentrale Mahnmal der Welt. 54000 der kleinen Messingtafeln hat der Künstler Günter Demnig, auf den das Projekt zurückgeht, zusammen mit seinem Team bislang verlegt. In Deutschland, aber auch in 18 weiteren Ländern. “Hier wohnte” steht auf jedem der Steine, dann folgen der Name der jeweiligen Person, ihr Geburtsjahr sowie Ort und Zeitpunkt ihrer Tötung durch die Nationalsozialisten.
Beim Stadtspaziergang stolpern
Hamburg: ein ganz normaler Hauseingang an der Alster – mit Stolperstein davor
Seit wir die ersten Stolpersteine in unserer Umgebung zusammen mit unseren Kindern gesucht und gefunden haben, passiert uns immer wieder, was der Name des Projekts andeutet: Wir stolpern unvermittelt darüber. Nicht so, dass wir hinfallen, aber so, dass wir stehenbleiben. In diesem Jahr ist uns das mehrfach in Hamburg und Berlin passiert, und ich bin froh darüber. Froh über dieses eindrückliche Erinnern an den Holocaust, das meinen Kindern keine Predigten hält, sondern ihnen still und plastisch klar macht, dass eine ungeheure Menge vom Menschen im dritten Reich ermordet wurde: So viele, dass wir auf unseren ganz normalen Routen immer wieder auf Spuren von ihnen stoßen, wenngleich die Stolpersteine nur eines Bruchteils der Opfer des Nationalsozialismus gedenken. Das Wichtigste für mich: In dem Moment, in dem wir einen Stein finden, ist die Geschichte plötzlich nicht mehr abstrakt, sondern wir begreifen, dass es sich bei den getöteten Juden, Dissidenten und anderen Verfolgten um Leute gehandelt hat, die vor 75 Jahren unsere Nachbarn gewesen wären.
Gelegentlich wird über die Stolpersteine gestritten, aber…
Stolpersteine in Berlin-Friedrichshain
Es gibt, das darf nicht übersehen werden, von Seiten einiger Vertreter der jüdischen Gemeinden in Deutschland vehemente Kritik an den Stolpersteinen. Sie wehren sich dagegen, dass man über die Messingplatten mit den Namen der Getöteten hinwegläuft. Einige Städte wie etwa München lehnen aus diesem Grund die Verlegung von Stolpersteinen im öffentlichen Raum ab. Gleichzeitig gibt es innerhalb der jüdischen Gemeinschaft zahlreiche Verfechter der Stolpersteine, für die der Aspekt des individualisierten Gedenkens überwiegt. Die Tatsache, dass die Namenstafeln ganz physisch “mit Füßen getreten” werden, ist sicher nicht von der Hand zu weisen. Doch solange es so aussieht, als begrüße die Mehrzahl der heutigen jüdischen Deutschen das Gedenkprojekt, finde ich es wichtig, ab und zu mal mit meinen Kindern über die Stolpersteine zu stolpern.
INFO
Wer wissen möchte, wann und wo die nächsten Stolpersteine verlegt werden oder ob es in der eigenen Umgebung welche gibt, findet Informationen auf der Website des Projekts. Viele Städte haben auch eigene Stolperstein-Websites, die sich über Google leicht finden lassen. Jede Privatperson kann für 120 Euro die Verlegung eines Stolpersteins sponsern – auch hierzu liefert die Website die nötigen Informationen.
2 Comments
Lena
Ich mag die Stolpersteine auch, weil sie so unaufdringlich und trotzdem eindringlich auf die Geschichte hinweisen und in so vielen Städten zu finden sind. Meine Jungs haben schon sehr früh gewusst, warum die goldenen Steine da liegen und was sie bedeuten. Die Stolpersteine waren für uns immer wieder ein Anlass, über den Holocaust zu sprechen.
Maria-Bettina Eich
Hallo, Lena,
genauso habe ich das auch erfahren. Ich finde es gut, wie sie einem manchmal einfach so im Alltag vor Augen stellen, wie nah die Geschichte in vielerlei Hinsicht ist.
Liebe Grüße,
Maria