Zuletzt aktualisiert am 30. Juni 2017 um 18:55
So schnell war Kind am Tellerrand noch nie: Heute wurde in der Kunsthalle Weishaupt in Ulm die Lichtkunst-Schau “Spot an!” eröffnet, und hier sind schon unsere Eindrücke von einem Ausstellungsbesuch mit drei Kindern zwischen knapp drei und gut zwölf Jahren.
Dan Flavin; ganz oben: John Armleder
Lichtkunst ist eine gute Sache, wenn man mit Kindern ins Museum will. Leuchtende Röhren, frappierende Farbeffekte, in außergewöhnliche Lichtatmosphären gehüllte Räume, irritierendes Flimmern: Selbstgänger, deren sinnliche Ausstrahlung ohne große Erklärungen einleuchtet und die hin und wieder den zusätzlichen Trumpf des Spektakulären besitzen.
Die Lichtkunst-Schau “Spot an!” passt gut in das Spektrum der Kunsthalle Weishaupt, in deren Ausstellungen es immer wieder um das Sehen als solches geht; um die Möglichkeiten, durch Kunst unser optisches Verhältnis zur Welt zu erweitern und zu verfeinern.
Die Kinder bewundern je nach Alter Farben, entschlüsseln flimmernde Textbotschaften oder lassen sich von dem konzertierten Fernseher-Arrangement des pyramidenförmigen Videokunstwerks “King Ramses III” von Nam June Paik verwirren. Es stammt von 1991 und wird hier, in Gegenwart der Kinder, zu einem seltsam nostalgischen Erlebnis für mich. Diese Kunst-Fernseher, die für meine Generation Spektakel und Medienkritik waren, haben ihren Biss verloren. Medien, die man mit guten Gründen kritisieren möchte, sehen heute anders aus. Sie stecken in den Hosentaschen der Mädchen und in den Handtaschen der Mütter, werden gehasst und geliebt, haben aber mit der guten alten Flimmerkiste nicht mehr viel zu tun. Wann baut jemand das erste Kunstwerk aus Handys? Falls es schon eins gibt, freue ich mich über einen Hinweis.
“Spot an!” ist noch eine ganze Weile in Ulm zu sehen: Bis zum 10. April 2016 läuft die Lichtkunst-Ausstellung. Für den Besuch mit Kindern ist sie sowohl wegen der gezeigten Kunstwerke als auch wegen der sowohl großzügigen als auch überschaubaren Dimensionen der Kunsthalle Weishaupt geeignet, die Raum bietet für Ausstellungen mit Hand und Fuß, begrenzte kindliche Geduld aber niemals überstrapaziert. Allerdings musste ich heute zum wiederholten Male feststellen, dass man Kindern in diesem Museum oft sehr angespannt begegnet. Früher kam der Ruf “Nicht anfassen!” manchmal schon, wenn ein Kind nur auf ein Kunstwerk zulief. Heute legten zwei unserer Mädchen ihre Hände unbewusst auf die Oberseite eines gläsernen Schaukastens, durch den hindurch man von oben auf Brigitte Kowanz’ fantastisches Licht-Spiegel-Spiel “Rund um die Uhr” hinabschaut. Ein kurzer Hinweis von einer Museumsaufseherin, und die immerhin schon großen Kinder von zehn und zwölf Jahren zogen höflich ihre Hände zurück. Eine Kleinigkeit, die allerdings den Kollegen der Dame zu einem Hinweis auf die elterliche Aufsichtspflicht animierte: “Sie haben eine Fotogenehmigung, aber das heißt nicht, dass Ihre Kinder die Kunstwerke anfassen dürfen.” So holt man keine Familien ins Museum. Unsere Kinder haben ihre Mütter nach diesem Zwischenfall auf schnellstem Wege in Richtung Ausgang gezogen.
4 Comments
Jutta
Ui, die Ausstellung sieht spannend aus, aber die Bemerkung der “Herrn Aufseher” hätte mich auch gekränkt…:/
Sonnige Grüße,
Jutta
Maria-Bettina Eich
Hallo, Jutta, ja, bei so etwas verliert man schnell mal die gute Laune. Und vor allem die (absolut museumserprobten) Kinder, die in diesem Museum schon öfter Negatives erlebt haben, verlieren natürlich die Lust auf weitere Besuche. Trotzdem eine tolle Ausstellung, die man jedem empfehlen kann, der in die Gegend kommt!
Einen schönen Sonntag,
Maria
Martin Steffens
Oh ja, das kenne ich. Schon beim Eingang in das Museum Frieder Burda in Baden-Baden (ich war allein mit unseren Söhnen da, damals 3 und 5) wurde ich skeptisch gefragt: “Und Sie meinen, Sie schaffen das?” Leider war ich nicht schlagfertig. Eigentlich hätte ich zurück fragen müssen: “Hätten Sie das jetzt auch eine Mutter gefragt?” Aber wie Sie erlebt haben – vermutlich schon 😉
Einen schönen Blog machen Sie da – weiter so!
Maria-Bettina Eich
Das ist wirklich eine heftige Frage von Seiten des Museumspersonals! Ich komme gerade zurück aus Paris, wo man auch in Ausstellungen mit schwierigem oder schrägem Inhalt immer viele Kinder sieht – und den Beweis vor Augen hat, dass Kinder im Museum absolut an der richtigen Stelle sind, wenn jeder ihre Anwesenheit selbstverständlich findet. Da gibt’s bei uns einigen Nachholbedarf.
Danke für die netten Worte zum Blog!
Grüße,
Maria-Bettina Eich