Zuletzt aktualisiert am 6. Dezember 2017 um 15:52

Fisch und Tee, Instantnudeln, Mononatriumglutamat und immer wieder Reis: Die Ausstellung “Oishii! Essen in Japan” erzählt Geschichte und Geschichten rund um die japanische Küche – und das wunderbar anschaulich. Bedauerlich, dass man Ausstellungsobjekte nicht essen kann.

KonnichiwaStuttgartMit Sprechblasen und einem Quizheftchen führt Yuki Kinder durch die Ausstellung

Japan: Epochen, Regionen und das Essen dazu

LindenmuseumWas isst man wo in Japan?

Auf dem Boden: eine riesige Japan-Landkarte. Darüber, von der Decke hängend: das, was die Japaner in den jeweiligen Regionen besonders gern essen – aus Pappe. Ein Krake und Sushi, aber auch ein Schwein. Und “Cup Noodles”, die in Japan erfundenen Becher mit Instantnudeln zum Aufgießen – alles in Form riesiger Pappzuschnitte. Am spektakulärsten ist der Fugu, der berühmt-berüchtigte giftige Kugelfisch, den nur Köche mit einem speziellen Diplom zubereiten dürfen. Doch offenbar tun sich auch die Japaner selbst nicht ganz leicht mit dieser einheimischen Spezialität. Auf dem Rücken des Papp-Fugu ist ein Liebeskummer-Haiku zu lesen, den der große japanische Dichter Yosa Buson im 18. Jahrhundert niedergeschrieben hat:

FuguHaikuEnttäuschte Liebe sollte besser nicht mit dem Genuss von Fugu enden

Auf Wandtafeln erfahren wir alles Mögliche über die japanische Küche – von der Einführung der Essstäbchen über die lange nachwirkende buddhistische Ablehnung von Fleisch bis hin zur Erfindung der Instantnudeln im Jahr 1958.

Göttlicher Reis

JapaneseFoodReiswein-Fässer und der auf fünf Reisballen stehende Glücksgott Daikoku

Reis ist für die Japaner keine Sättigungsbeilage – sondern das Herzstück ihrer Küche, ohne das keine Mahlzeit vollständig ist. Zum Grundnahrungsmittel, lesen wir, wurde Reis in Japan erst nach dem Zweiten Weltkrieg. In früheren Epochen galt er als ein festliches Lebensmittel, wurde mit Vorstellungen des Göttlichen verbunden und als Währung verwendet.

Fische – im Meer und als Sushi

JapaneseSeafoodUnter der großen Welle von HokusaiJapanischesEssenFische zum Aufklappen – nötig, um das “Oishii!”-Quizheft auszufüllen

Wir begeben uns unter Wasser. Im Souterrain der Ausstellung, das mit zarten Tüllwellen überdacht ist, geht es um Fische, ohne die die japanische Küche nicht denkbar wäre. Wir erfahren von Fischsorten, von denen wir noch nie gehört haben, sehen Bilder von den traditionsverhafteten Muscheltaucherinnen und schließlich eine Vitrine voller erleuchteter Sushi – aus Plastik.

SushiLindenmuseumAppetitliche Plastik-Suhsi

Plastikgerichte und Mononatriumglutamat

JapaneseRestaurantNachbau eines typischen japanischen Restauranteingangs

Plastikessen ist in Japan an der Tagesordnung: In so gut wie jedem Restauranteingang stehen die angebotenen Gerichte aus Kunststoff modelliert zum Anschauen. Wir bekommen mit jedem Schritt mehr Hunger. Den verdirbt uns auch nicht die Vitrine, die vom Siegeszug des Mononatriumglutamats erzählt. Auf die Spur dieses zunächst natürlichen Geschmacksträgers kam der Japaner Ikeda Kikunae, dem es 1908 gelang, den Stoff zu isolieren. Kurz darauf begann man mit seiner industriellen Herstellung – und seiner weitreichenden Verwendung, die heute in China stärker ausgeprägt ist als in Japan. Nicht jeder verträgt diesen Geschmacksverstärker, man spricht sogar von einem “Chinarestaurant-Syndrom”. Damit werden alle Symptome bezeichnet, die durch eine Glutamat-Unverträglichkeit ausgelöst werden können: allergische Reaktionen ebenso wie Verdauungsprobleme, Übelkeit oder Kopfschmerzen.

MononatriumglutamatGlutamat stammt aus Japan, ist aber vor allem in China verbreitet

Frühstück mit Fisch, Kirschblüten-Picknick und Teezeremonie

OishiiAusstellungTraditionelles japanisches Frühstück.

In den Genuss eines traditionellen japanischen Frühstücks sind wir bei unserem Ryokan-Aufenthalt selbst gekommen – und äußerst unhöflich daran gescheitert. Hier sehen wir ein ähnliches Morgenmenü aus Plastik, stilecht auf einem niedrigen Tisch und Tatamimatten angerichtet.

JapanischerLackDaneben verblasst jeder Picknickkorb

Die Japaner sind Meister des Stils. Davon zeugen die historischen Behältnisse, die für Picknicks unter blühenden Kirschbäumen ersonnen wurden. Und natürlich die Utensilien, die man für die Teezeremonie benötigt. Von denen bekommen wir einige zu sehen, über die Teezeremonie selbst erzählt die Ausstellung nicht allzu viel.

TeezeremonieTeezeremonie-Zubehör

“Oishii!” mit Kindern

LindenmuseumInteraktivWenn schon, denn schon: Keine Japan-Ausstellung ohne Digitales

Dass man bei der Konzeption von “Oishii!” auch an Kinder gedacht hat, wird bereits beim Ticketkauf klar, als wir zwei stylische Quizhefte in die Hand gedrückt bekommen. Eine Figur namens Yuki (zweites Foto von oben) führt mit kindgerechten Informationen durch die Ausstellung und das Quizheft. Die Mädchen, mit denen wir unterwegs sind, sind dafür eigentlich schon etwas zu groß, bearbeiten die Fragen aber überraschend gewissenhaft. Selbst, wenn sie in der Ausstellung selbst nur wenig lesen, ist der Parcours mit seinen vielen Anschauungsstücken dazu angetan, Kindern einen sehr plastischen Eindruck von der japanischen Esskultur zu verschaffen. Allerdings heißt “Oishii!” übersetzt: “Es schmeckt mir”, und irgendwann sind unsere Geschmacksnerven darauf eingestellt, Japanisches zu probieren. Natürlich kann eine Ausstellung kein Tasting sein, aber wenn der Museumsshop etwas mehr japanische Spezialitäten als nur kleine Täfelchen von Matcha-Schokolade im Angebot gehabt hätte, hätten wir uns gefreut. Jedoch gibt es ein breites Begleitprogramm zur Ausstellung, bei dem auch probiert wird.

Im japanischen Yokohama gibt es übrigens das Nissin Cupnoodles Museum. Der Familien-Reiseblog Weltwunderer erzählt, warum sich der Besuch lohnt.

INFO Ausstellung “Oishii”:

Die Ausstellung “Oishii! – Essen in Japan” ist noch bis zum 23. April 2017 im Linden-Museum, dem Stuttgarter Museum für Völkerkunde, zu sehen. Kinder bis zwölf haben freien Eintritt, Erwachsene zahlen € 10,00, Schüler € 8,00. Familienkarten sind für € 20,00 zu haben. Vom Stuttgarter Hauptbahnhof ist das Museum etwa zehn Gehminuten entfernt; die Museums-Website gibt detaillierte Hinweise, wie man es am besten findet.