Zuletzt aktualisiert am 30. Januar 2022 um 11:43
Gehören Kinder überhaupt ins Kunstmuseum? Oder sollte man sie tunlichst von dieser bildungsbürgerlichen Institution fernhalten? In England wird heftig debattiert.
Es begann am 18. Februar mit einer Pro-und-Contra-Diskussion in der englischen Tageszeitung The Telegraph. Auslöser: das Foto eines Kindes, das in der Tate Modern auf eine zehn Millionen teure Skulptur von Donald Judd geklettert war.
Erst ab dem Teenager-Alter ins Kunstmuseum
Telegraph-Kritiker Ivan Hewitt sprach sich dafür aus, erst mit Kindern ab dem Teenager-Alter ins Museum zu gehen. Hochkultur gehöre zur Erwachsenenwelt; wer Kinder unbedingt mit ins Kunstmuseum nehmen wolle, spiele ihnen nur vor, dass es sich hier um für sie interessante Dinge handle, bevormunde sie und riskiere, dass sie Kunst in späteren Jahren missachteten.
Die Leiterin der britischen Organisation Kids in Museums, Dea Birkett, hielt dagegen: Kinder seien begeisterungsfähig; man solle sie früh mit Kunst vertraut machen, um den Grundstein für eine lebenslange Faszination zu legen.
Dass Kunst grundsätzlich nichts für Kinder sei, ist eine kühne Behauptung des Telegraph-Kritikers, die von vielen Leserkommentaren abgelehnt wurde und auch den Erfahrungen widerspricht, die diesem Blog zugrunde liegen.
Es gibt genug Gründe für Kinder im Museum
Argumente für Kinder in Kunstmuseen gibt es zuhauf: Kunst regt Phantasie und Kreativität an; Museumsbesuche machen Kinder mit dem kulturellen Geschehen ihrer Gesellschaft genauso wie mit kulturellen Traditionen vertraut; Kunst ist ein Teil der Allgemeinbildung wie so vieles, was im Kindesalter gelernt wird; die Betrachtung von Bildern schult Auge und Geist.
Und dann ist da noch etwas: Kunstwerke sind immer Brillen, die verschiedene Möglichkeiten der Weltwahrnehmung zeigen. Egal, ob es sich um High Art oder um Low Art handelt. Die digitale Brille ist für uns Eltern aus dem 20. Jahrhundert noch verhältnismäßig neu. Für die Kinder ist sie ziemlich alltäglich. So alltäglich, dass die digitale Ästhetik immer dominanter wird. Das ist uns Eltern aus dem 20. Jahrhundert manchmal etwas unheimlich, weil wir Sorge haben, die digitale Welt könnte die reale Welt im Bewusstsein der Kinder übertrumpfen. Ob das alles wirklich so ist und ob es wirklich so schlimm ist, weiß heute noch niemand genau. Aber dass ein kompetenter Umgang mit Bildern unterschiedlichster Art zu einem mündigen Verhalten gegenüber digitalen Bildwelten beiträgt, ist kaum zu bezweifeln. Allein deshalb lohnt es sich, Kindern einen breiten visuellen Horizont zu eröffnen. Und was ist dafür besser geeignet als Kunst?
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