Zuletzt aktualisiert am 15. Juli 2020 um 17:26
Ein junger Franzose erfindet und zeichnet eine isländische Saga: Mit DIE SAGA VON GRIMR hat Jérémie Moreau nicht nur den wichtigsten französischen Comic-Preis gewonnen; vor allem hat er eine wundervolle künstlerische Liebeserklärung an das Land im Norden geschaffen. Die ist jetzt auf Deutsch im Avant-Verlag erschienen.
Der Stoff, aus dem Legenden sind
Ein Waisenjunge im Island des 18. Jahrhunderts, in dem die ohnehin unwirtliche Insel von Naturkatastrophen und den ausbeuterischen dänischen Herrschern gebeutelt wird: Der Protagonist, den Jérémie Moreau für DIE SAGA VON GRIMR erfindet, ist klassischer Legendenstoff – zumal Grimr bereits als Kind mit ungeheuren Körperkräften gesegnet ist.
Rache, Liebe und ein Todesurteil
Grimr wird von einem so weisen wie verschlagenen Dieb aufgenommen, der durch einen Abgesandten des dänischen Königs ermordet wird. In dem Moment beginnt die eigentliche Islandreise des inzwischen zum jungen Mann herangewachsenen Grimr. Sein Ziel ist einerseits Rache, andererseits der Wunsch, sich durch sein Leben einen unsterblichen Ruf zu erwerben.
Grimr lebt eine Zeitlang bei einer geächteten Familie auf einem einsamen Hof in den Bergen, lernt die Liebe kennen und wird vor dem obersten Gericht, dem Althing, zu Unrecht zum Tode verurteilt.
Der Saga-Held als Naturgewalt
Dank seiner gewaltigen Körperkräfte bricht Grimr aus jeder Gefangenschaft aus und besiegt alle Feinde. Gleichzeitig verfügt der teilweise grobschlächtige Held über eine tiefe Verbindung mit der isländischen Landschaft: Er spürt Erdbeben, bevor sie sich ankündigen, und kann in den unwirtlichsten Gegenden allein überleben. Wenn Jérémie Moreau ihn im Moment des Angriffs schreiend zeichnet – und dazu gibt die Geschichte oft Anlass -, dann lassen die Bilder an berstende Steine denken, und der Betrachter spürt: Grimr ist eine isländische Naturgewalt, wild und geradlinig. Gegen Ende der Graphic Novel wird er denn auch immer mehr vom Menschen zu einer archaischen Natur-Kreatur.
Jérémie Moreau bedient sich der großen Sagen-Themen, er entwirft eine eindrucksvolle Erzählung über die isländische Kultur und Geschichte, außerdem bevölkert er seine Saga mit einigen Persönlichkeiten, die an den Roman “Die Islandglocke” des großen isländischen Dichters Halldór Laxness erinnern. Das ist eine gute Mischung, um die Faszination Island auf die in diesem Fall gut 200 Seiten einer Graphic Novel zu bringen.
Großes Kino zwischen Buchdeckeln
Vor allem aber geht es um die Natur, die in dieser Geschichte wie auch im wirklichen Island alles durchdringt. Jérémie Moreau aquarelliert die Landschaft manchmal sanft-verschneit, öfter aber in ihren unzähligen prägnanten Gesteinsstrukturen und den herben bis zarten Schattierungen ihrer kargen moosigen Vegetation. Und er zeichnet ihre Bedrohlichkeit: dräuende Dunkelheit, raues Wetter – und die unberechenbaren Steine, die aufgrund von Erdbeben, Vulkanausbrüchen oder dem Zorn Grimrs durch die Luft fliegen. Am Ende widmet Moreau einem Vulkanausbruch mehrere wortlose Doppelseiten.
Das ist fantastisch für Menschen, die nordische Landschaften lieben, und auch für solche, die sich an Illustrationskunst erfreuen. Für Jugendliche ab zwölf Jahren ist DIE SAGA VON GRIMR großes Kino zwischen Buchdeckeln, und den Franzosen war die Graphic Novel des 1987 geborenen Jérémie Moreau eine Auszeichnung mit dem renommierten Preis für den besten Comic beim Comic-Festival in Angoulême wert.
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