Zuletzt aktualisiert am 9. Dezember 2019 um 16:09

Ich? In so einem peinlichen touristischen Fiaker? Niemals! Dachte ich, aber ich hatte die Rechnung ohne meine jüngere Tochter gemacht. Zwei Tage später saß ich drin, zusammen mit Mann und Kindern. Vermutlich mit ähnlich seligem Gesichtsausdruck wie die Töchter.

Was sein muss, muss sein

Wie es halt so ist, wenn man mit Kindern unterwegs ist: Alte Meinungen wandeln sich gelegentlich. Ich möchte hiermit jeder nach Wien reisenden Familie unbedingt eine Fahrt mit dem Fiaker empfehlen. In Anbetracht des Preises – wir haben 55 Euro für eine etwa zwanzigminütige Fahrt gezahlt – tapfer bleiben. Augen zu und durch. Damit sich der Preis psychologisch amortisiert, sollte man die Begehrlichkeit zunächst etwas anheizen und nicht gleich am ersten Wien-Tag in die Kutsche steigen. Erstmal ein bisschen durch die holprigen Gassen laufen, durch die kein Touristenbus hindurchkommt, ständig neben sich das Pferdegetrappel hören und zu der Überzeugung kommen: Die behaglich-altmodische Atmosphäre der Stadt hat den Geruch von Pferdeäpfeln. Als unsere Sinne derart weichgekocht waren, konnten wir den Fiakerträumen unserer Tochter nicht mehr viel entgegensetzen.

So ähnlich – und so anders

Außer den Pferdeäpfeln hatten auch die Erdäpfel zur romantischen Vernebelung unserer ansonsten eher preußischen Geistesverfassung beigetragen. Es mutete exotisch an, auf der Speisekarte von ihnen zu lesen, ebenso wie von Paradeisern, Frittaten und Palatschinken mit Zwetschgenröster. Hier wurde deutsch gesprochen, aber es war etwas anders. So, dass man die Kellner gelegentlich nach der Übersetzung fragen musste. Sie antworteten zwar verständlich, aber in einem Ton, der zum Rest der Stadt passte. Ihre charmante Höflichkeit harmonierte mit dem regelrecht karamellisierten Fond der Wiener Schnitzel, zu denen die Erdäpfel serviert wurden.

Besuch bei Sisi

090709_KAISER_APARTMENTS_0290Sisis Turnzimmer    Foto: (c) Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H., Fotograf: Lois Lammerhuber

Ein Jammer, dass Sisi immer nur so wenig davon essen konnte. Denn sie wollte ja unbedingt ihre Wespentaille halten. Aus diesem Grund verfiel sie als eine der ersten bekannten Frauen der Geschichte in einen Fitnesswahn. Davon kann man sich bei einer Kinderführung durch die kaiserlichen Gemächer in der Hofburg überzeugen. Hier besucht man unter anderem das Turnzimmer, das Sisi mit Sportgeräten hatte ausstatten lassen. Die Führung ist erstklassig: Als Kind erfährt man gerade so viel, wie man verstehen kann und wissen muss; als Erwachsener erfährt man gerade so viel, wie man behalten kann. Am Ende der Führung wartet eine Kostümkammer, in der man diverse Stylings à la Sisi und Franz Joseph ausprobieren darf. Der Mythos lebt.

Jede Menge Gold und Zucker

Und er lebt auch im Café Demel. Dort gibt es Eis mit Veilchengeschmack, eine absolute Lieblingsspeise von Sisi. Außerdem natürlich Torten und ein opernhaftes Ambiente mit viel Gold. Viel Gold schimmert auch auf der Kunst, die wir uns anschauen. Außen auf dem herrlichen Jugendstilgebäude der Wiener Secession und innen auf dem von Klimt geschaffenen Beethoven-Fries. Und bei Hundertwasser. Das berühmte Hundertwasserhaus, ein von ihm entworfenes Wohnhaus, enttäuscht uns ein bisschen. Der Zahn der Zeit hat es schon ziemlich angenagt, während die Umgebung vom Hundertwasser-Licensing-Business beherrscht wird. Ein echtes Erlebnis hingegen ist das Kunsthaus Wien, das er auch entworfen hat. Innen ist ein Hundertwasser-Museum. Auf unebenen Böden – „Die gerade Linie ist gottlos“, meinte der Künstler – läuft man zwischen Bildern mit spiraligen Häusern, magischen Wäldern und jeder Menge Gold umher und freut sich an den vielen Überraschungen, die der Bau zu bieten hat.

Wien mit Kindern – auf ein nächstes Mal

Café Demel

Wir im Café Demel – mit nicht ganz fotogerechtem Tisch-Arrangement

Es gibt noch viel mehr zu sehen in Wien mit Kindern. Das Belvedere, Schönbrunn, das Museumsquartier. Außerdem waren wir in der Traditionsconfiserie Altmann & Kühne viel zu sparsam, als es um den Kauf des sündhaft teuren Liliputkonfekts ging. Meinen unsere Töchter und ziehen das Fazit: „Wir müssen wieder nach Wien!“

Dieser Artikel ist ursprünglich als Gastbeitrag erschienen auf: www.kidsaway.de

Mehr Wien-Tipps für Familien mit Kindern gibt’s auf dem Reiseblog family4travel