Zuletzt aktualisiert am 3. Oktober 2020 um 21:12
Eine Fünf-Millionen-Stadt in einem Land, in dem wir noch nie waren, das uns bislang überaus fremd vorkam und über das man ständig etwas hört: Sankt Petersburg war für unsere Familie ein spannender Einstieg in das unerschöpfliche Thema Russland. Es gab Eindrücke en masse, aber rückblickend kristallisieren sich einige Dinge heraus, die wir für eine Reise nach Sankt Petersburg mit Kindern unbedigt empfehlen können.
1. EINE BOOTSFAHRT: UNVERZICHTBAR IN SANKT PETERSBURG
Wenn ich jemals wieder nach Sankt Petersburg komme, dann werde ich nicht erst, wie bei diesem Mal, am letzten Abend eine Bootstour machen. Dann werde ich vermutlich jeden Tag kurz vor Sonnenuntergang mit dem Boot fahren. Und falls jemand einen Tipp braucht, was er in Sankt Petersburg machen soll, wenn er dort nicht mehr als einen halben Tag Zeit hat, dann kann ich nur raten: eine Bootstour. Die Organisation ist denkbar unkompliziert: Der Newskij Prospekt, der zentrale Boulevard der Stadt, wird an diversen Stellen von Kanälen gekreuzt, und fast an jeder der Kanalbrücken legen Ausflugsboote ab. Es gibt verschiedene Routen, die bestimmt alle reizvoll sind; was jedoch wichtig ist: Außer durch die Kanäle von Sankt Petersburg sollte das Boot auch ein Stückchen auf dem Fluss Newa fahren. Denn dort hat man nicht nur einen erstklassigen Blick auf die zwei großen Ufer der Stadt, sondern über der Newa ist das ohnehin schon grandiose Petersburger Licht am dramatischsten – vor allem am Abend.
Es macht Sinn, sich Sankt Petersburg vom Wasser aus anzuschauen, denn als eine wasserdurchzogene Stadt nach dem Vorbild von Amsterdam und Venedig hat Peter der Große Sankt Petersburg zu Beginn des 18. Jahrhunderts geplant. Um es dann einem sumpfigen Untergrund abzuringen. Außer der breiten Newa wird Petersburg von kleineren Flüssen und von einem ganzen Netz eigens angelegter Kanäle durchzogen. Von ihnen aus ist das Gros der baulichen Wunderwerke dieser architektonisch einzigartig durchgestylten Innenstadt zu sehen, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Größere Kinder wie unsere haben durchaus einen Blick für die spezielle Pracht der Sankt Petersburger Architektur; für kleinere ist eine Bootsfahrt an sich schon eine gute Sache. Auf jeden Fall viel besser als eine Sightseeing-Tour per Bus, die wir an unserem ersten Petersburg-Tag gemacht haben. Die darf man sich getrost schenken, denn die meiste Zeit verbringt man im Stau.
2. FAMILIENMEKKA: DAS JELISSEJEW-EMPORIUM
Meine Töchter und ich sind bekennende Café-Enthusiasten und der Meinung: Cafébesuche können als kulturell vollwertiges Sightseeing gelten. Manchmal müssen wir unser einziges männliches Familienmitglied stark beschwatzen, damit es diese Auffassung durchgehen lässt. Nicht jedoch bei Jelissejew. Ich hatte von dem historischen Gourmettempel am Newskij Prospekt gelesen, aber keine Beschreibung und kein Foto hätte mich auf das vorbereiten können, was uns bei unserem Eintritt empfängt. Wir finden uns in einer dekadenten Prachtkulisse wieder, in der wir uns verwirrt fragen, welcher Film hier gespielt wird. Ein Historienschinken aus dem zaristischen Russland? Eine Story über neuen russischen Reichtum? Ein Russland-Märchen für Touristen? Für letzteres spricht der Japaner im Verkaufsteam, allerdings stellen wir schnell fest: Die meisten, die sich auf den Polstern in der Mitte des Jugendstil-Interieurs niederlassen, um hier nicht nur einzukaufen, sondern auch zu essen, sind Russen. Trotzdem spricht das Personal ein geschmeidiges Englisch, manchmal sogar Deutsch.
Bei unserem ersten Besuch sind wir noch ein kleines bisschen befangen, denn wir fühlen uns nicht nur wie Klischee-Touristen, sondern auch ein wenig wie protzige Kolonialherren. Der Grund: Im Sommer 2017 ist der Rubel im Verhältnis zum Euro so günstig, dass wir uns bei Jelissejew relativ schmerzfrei durchprobieren können.
Beim zweiten Besuch sind die Hemmungen gefallen. Beim dritten kann ich mich dem Genuss vollständig hingeben, da ich endlich genug Fotos gemacht habe. Zu essen und zu kaufen gibt es übrigens alles: Süßes und Salziges, Russisches und Internationales; Gebäck, Pralinen, Getränke, Käse, Wurst, Konfitüren, Tee. Jelissejew mag eine Kulisse sein, aber es ist eine sehr russische Kulisse. Und es ist die Kulisse für unsere gesamtfamiliäre, außergewöhnlich einstimmige Erkenntnis, dass Sankt Petersburg herrlich ist. Falls unsere Wahrnehmung da etwas manipulierbar erscheinen mag: Bitteschön. Ohne Cafébesuche würde ich das Reisen mit Teenagern nicht überleben.
3. ZWEI KUNSTMUSEEN MÜSSEN SEIN
Natürlich: die Eremitage
Natürlich muss man in die Eremitage, wenn man nach Sankt Petersburg kommt – mit Kindern oder ohne. Und wenn man sich nicht sehr gut vorbereitet, wird man auf jeden Fall überfordert sein von den riesigen Dimensionen dieses Museums, das einerseits aus dem berühmten türkisgrünen Winterpalast besteht, andererseits aus diversen anderen Bauten. Ich bereite mich gewöhnlich sehr gut auf Museen vor. Diesmal nicht. Und das ist unser Glück. Oder vor allem das Glück unserer Töchter. Denn einmal im Leben lassen wir uns im Museum treiben – ohne, dass die Mutter einen stressigen Plan hat: nach meiner jetzigen Erkenntnis genau die richtige Vorgehensweise fürs erste Mal Eremitage. Im Grunde braucht man im Winterpalast, dem Hauptgebäude, nur die erstbeste Treppe nach oben zu gehen, und automatisch gerät man in eine fast irreale Prunkwelt. Lange Flure, aufwändig dekorierte Säle, Gemälde links und rechts. Die schauen wir uns diesmal nicht so genau an, stattdessen staunen wir über das Bauwerk und über die historischen Räume, die darin konserviert werden. Die extravaganteste Entdeckung meiner Töchter ist das rote Boudoir, das die Kaiserin Maria Alexandrowna in der Mitte des 19. Jahrhundert in einem Neo-Rokoko-Stil einrichten ließ.
An Gold ist in diesem Museum kein Mangel. Und selbst, wenn man den Ausstellungsstücken den Rücken kehrt, geht es weiter mit der Pracht: Aus vielen Fenstern fällt der Blick auf den Schlossplatz, stilecht eingerahmt durch die omnipräsenten Eremitage-Gardinchen.
Wir haben nur zwei Stunden in diesem Museum, was nach Meinung jedes Petersburg-Kenners und -Reiseführers schändlich wenig ist. Für meine Töchter nicht. Ich persönlich hätte es länger ausgehalten, finde aber, unsere Besuchszeiten sind ein echter Tipp: Wir reservieren uns unseren Freitagabend für Eremitage. Von den tagsüber gigantischen Schlangen ist abends nichts mehr übrig, und mittwochs wie freitags kann man sich komfortabel bis 21.00 Uhr in einer relativ leeren Eremitage aufhalten. Perfekt. Wir gehen, nachdem wir einen märchenhaften Schlitten entdeckt haben und ich sicher bin: Das mythische Russland hat wirklich exisitert.
Schnee im Russischen Museum
Einen Tag nach dem Eremitage-Besuch schleife ich die Familie ins Russische Museum. Eine gute Entscheidung. Der feuchtwarme Augusttag verschwindet hinter den Fenstern, und wir sehen Schnee, Schnee, Schnee. Hier, in einer der größten Sammlungen russischer Kunst, begreifen wir, dass das riesige Land rund um das barock-klassizistische und gar nicht so exotische Sankt Petersburg ganz anders ist als das Europa, das wir kennen. Folklore, Historie und Religion kommen uns von den Ausstellungsstücken entgegen – und immer wieder die Kälte und Weite der russischen Landschaft.
Viele der gezeigten Künstler sind mir unbekannt, was bestimmt sehr ignorant ist. Doch die Atmosphäre ist bezwingend. Genauso wie in der Eremitage können wir auch hier nicht alles sehen, aber ein paar Galerien mit russischen Gemälden und die Abteilung mit der folkloristischen Kunst sind bestens dazu angetan, uns in eine sehr russische Stimmung zu versetzen.
4. U-BAHN FAHREN
Die Metro in Moskau ist weltberühmt für ihre prachtvollen Stationen. Was uns nicht klar war: In Sankt Petersburg gibt es auch U-Bahn-Stationen, die wie Kathedralen, Schlösser oder Theater anmuten. Nicht so viele wie in Moskau, aber insbesondere in der Linie Nr.1 fährt man wie in einem Märchenzug, der bei der Einfahrt in jeden Bahnhof eine neue Überraschung parathält. Wie in Moskau wollte man auch in der Petersburger Metro “Paläste fürs Volk” schaffen. Dass diese opulenten Bauten erst in den 1950-ern entstanden, ist ein wenig überraschend: Ihre Ästhetik mutet viel älter an.
Das Metrofahren ist einfacher als wir dachten und bedarf keiner Russischkenntnisse: An einem Schalter oder einem Automaten kauft man sich kleine Jetons, die man anschließend in die Schlitze der Drehkreuze wirft. Die führen auf superlange Rolltreppen, selbige wiederum in ein gut durchschaubares System von Bahnlinien.
5. GRAND MAKET ROSSIJA: DAS RUSSISCHE MINIATUR WUNDERLAND
Für alle, die Sankt Petersburg mit Kindern besuchen, ist das Grand Maket Rossija eine unverzichtbare Attraktion. In unserer Familie allerdings sind die Erwachsenen fast genauso begeistert wie die Töchter von dieser Modelleisenbahn-Anlage, die nach dem Miniatur Wunderland in Hamburg die zweitgrößte der Welt sein soll.
Grand Maket Rossija hat es sich zum Ziel gesetzt, Russland en miniature darzustellen – und schon aus diesem Grund lohnt sich der Besuch auch für Leute, die sonst nicht auf Spielzeugwelten stehen. Auf penible geographische Genauigkeit verzichtet die Anlage; stattdessen lässt sie den Besucher vom Osten Russlands in den Westen wandern, hat für jede dieser beiden Himmelsrichtungen einen eigenen Saal eingerichtet und am Schluss noch eine kleine Abteilung für die Region Königsberg.
Die landschaftliche Vielfalt, die Unterschiede zwischen modernen Großstädten, entlegenen Siedlungen, verschneiter Wildnis und Industrieregionen wird auch den kleineren Besuchern hier höchst plastisch vor Augen geführt: Ein Staunen vor dem Riesenreich Russland hervorzurufen, gelingt dem Miniatur-Russland mühelos. Alle 15 Minuten wird es dunkel, und zwar von Osten nach Westen: ein tolles Detail, das die beeindruckenden geographischen Dimensionen des Landes ein wenig erlebbar macht. Es dauert nämlich ziemlich lange, bis der Tag-Nacht-Wechsel einmal über das ganze Miniatur-Russland hinweggezogen ist.
Fünf Jahre lang wurde am Grand Maket Rossija gebaut. Züge fahren hier, Autos, Schiffe und Seilbahnen. Kleine Effekte können die Besucher immer wieder durch Knopfdruck auslösen, weshalb sich die Anlage als interaktives Museum bezeichnet. Besonders cool fanden wir ein Rockkonzert am See, das wir selbst in Gang setzen konnten. Die Fülle an liebevoll gestalteten Details ist enorm. Tausende von kleinen Figuren stellen Alltagsszenerien dar, die Gebäude sind authentisch bis in Einzelheiten wie die verblassende Farbe an dem einen oder anderen Plattenbau.
Uns gefällt die Ehrlichkeit der Designer, die auch an Industriebrachen und ästhetisch wenig ansprechenden sozialistischen Bauten nicht viel herumgeschönt haben. Einen Gefängnishof, durch den ein Sträfling auf unseren Knopfdruck hin unter Flutlicht joggt, finden unsere Töchter ziemlich unheimlich. Mein Mann und ich bleiben mit leichtem Staunen an den militärischen Übungsplätzen mit ihren strammstehenden Kompanien hängen. In Deutschland wäre so etwas politisch unkorrekt, hier ist man da ganz unbefangen.
Um zum Grand Maket zu gelangen, muss man von der Innenstadt ein paar Minuten mit der Metro bis zur Station Moskovskye Vorota fahren, was kein Problem ist – siehe oben. Von dort sind es noch einmal etwa 15 Minuten zu Fuß, die sich auf ihre Weise lohnen, denn hier sieht man eine andere Seite von Sankt Petersburg als in den schnieken Straßen rund um den Newskij Prospekt. Eine Wegbeschreibung und alle Details zum Besuch des äußerst komfortablen und modernen Grand Maket, das ein echtes Highlight in Sankt Petersburg mit Kindern ist, finden sich auf seiner Website.
6. UNSERE ZWEI RUSSISCH-ORTHODOXEN LIEBLINGSKIRCHEN
Märchenhafte Mosaiken in der Auferstehungskathedrale
Mit dem Projekt Kirchenbesichtigung reißt man Kinder oder Jugendliche üblicherweise nicht gerade vom Hocker. Unsere Töchter bilden keine Ausnahme von dieser Regel, aber Russland ist dazu angetan, dieses Prinzip gelegentlich zu durchbrechen. Auf unserer Reise passiert das mit dem Besuch der Auferstehungskathedrale, die auch Erlöserkirche oder Blutskirche genannt wird. Sie steht im Zentrum Sankt Petersburgs und ist eine seiner größten Touristenattraktionen. Dabei ist sie eine absolute Ausnahmeerscheinung in dieser so einheitlich barock-klassizistischen Stadt. Die Auferstehungskirche wurde, obwohl sie aussieht wie aus einem alten russischen Märchen, erst um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gebaut. Ihre Entstehungsgeschichte ist blutig: Sie wurde dort errichtet, wo ein Attentäter im Jahr 1881 Zar Alexander II. umbrachte – dem Zar zu Ehren und im altrussischen Stil. Für uns – und viele andere Touristen – ist das toll, denn so bekommen wir eine richtige russische Bilderbuchkirche zu sehen, ohne Sankt Petersburg verlassen zu müssen.
Als wir drin sind, meckern die Töchter keine Minute lang. Das Attribut “überwältigend” ist abgedroschen, aber an diesem Ort muss man es verwenden. Wir legen die Köpfe in den Nacken, schauen über die vielen anderen Besucher hinweg und befinden uns in einer anderen Sphäre. Über uns und um uns herum glänzen Abertausende von Mosaiksteinchen, fügen sich zu Ikonen und anderen christlichen Motiven oder auch zu Ornamentbändern zusammen. Dieser Raum ist nicht wirklich von dieser Welt. Wir schauen und staunen.
Im bewegten 20. Jahrhundert ist es der Auferstehungskathedrale nicht immer gut ergangen; als geistlicher Raum im eigentlichen Sinne hat man sie nie genutzt. Nach aufwändigen Restaurationen wurde sie 1997 als Museumsbau wiedereröffnet. Wir haben vor dem Besuch im Regen Schlange gestanden und können jedem Petersburg-Besucher versichern: Es lohnt sich.
Die Tschesme-Kirche: der Muffin unter den Bauten dieser Welt
Falls Prinzessin Lillifee je heiratet, sollte sie es in der Tschesme-Kirche tun. Der kompakte rosa Bau mit weißen Streifen könnte als Kunstwerk eines Konditors herhalten, wurde aber in Wirklichkeit gegen Ende des 18. Jahrhunderts für die Zarenfamilie gebaut. Auf ihrem Weg von der Sankt Petersburger Innenstadt zur Sommerresidenz Zarskoje Selo machte sie hier mit ihrem Hofstaat halt.
Dank der modernen Fortbewegungsmittel ist die Kirche heute in leicht erreichbare Nähe zum Stadtzentrum gerückt: Man fährt bis zur U-Bahn-Station Moskowskaja und spaziert dann noch ein wenig durch ein angenehmes Wohnviertel. Für mich als Architekturfan stand der Besuch der Tschesme-Kirche ganz oben auf meiner Petersburg-Liste, und auch der Rest meiner Familie ist sichtlich entzückt von dem rosa Bau. Dennoch muss der Wahrheit Genüge getan werden: Als ich meine jüngere Tochter frage, ob man nicht jedem, der nach Sankt Petersburg komme, diese Kirche ans Herz legen müsse, antwortet sie mit einem klaren Naja.
7. GEORGISCH ESSEN; SO OFT WIE MÖGLICH
“Der Georgier ist der Italiener Russlands” – mit diesem Mantra war ich nach Sankt Petersburg gefahren. Gehört hatte ich es von der Bekannten, die ich über ihre Familienreise mit der Transsibirischen Eisenbahn interviewt habe. Im selben Gebäude wie unser Hotel befindet sich praktischerweise ein georgisches Restaurant, und bereits am ersten Russland-Abend gehen wir hinein. Ein sehr smarter junger Mann klärt uns auf Englisch über die Essentials der georgischen Küche auf und sagt uns, was wir unbedingt bestellen müssten: Salate mit Waslnusspasten und Granantapfelkernen, Vorspeisen mit Joghurt und Kräutern, das pizzaartige mit Käse gefüllte Hefebrot Chatschapuri, Teigtaschen namens Chinkali, Curry-ähnliche Fleischgerichte. Und frische, hausgemachte Limonaden. Er serviert mehr, als normale Menschen essen können, was gewiss sehr geschäftstüchtig von ihm ist, uns aber nichts ausmacht. Denn es ist so gut, dass wir mehr essen, als für normale Menschen gesund ist, und außerdem – siehe oben – ist der Rubel ja so schrecklich günstig, dass wir diese wunderbaren Georgier in ihrem offenbar noch neuen Restaurant unbedingt unterstützen müssen.
Wir wissen, dass wir wiederkommen werden, und das tun wir auch – allerdings nur noch einmal, was ein großer Fehler ist. Schon wenige Tage nach unserer Reise sehnen wir uns nach einem georgischen Restaurant. Im Zeitalter der Globalisierung sollte diese grandiose Küche eigentlich langsam Westeuropa erobern.
8. UND NATÜRLICH UNBEDINGT AUF DEM NEWSKIJ PROSPEKT FLANIEREN
Der Newskij Prospekt ist die Prachtstraße von Sankt Petersburg und so etwas wie eine Lebensader der Stadt. Unser Hotel befindet sich in einer seiner Seitenstraßen, was dazu führt, dass wir den Newskij Prospekt innerhalb unserer fünf Petersburger Tage ganz gut kennenlernen. Dabei entdecken wir so einiges: Touristen in größeren Mengen, als wir erwartet hatten. Fantastische Gebäude, die ohne Unterbrechung aufeinander folgen. Idyllische Hinterhöfe. Immer wieder mal eine prachtvolle Kirche. Kanalbrücken, die eine Art Venedig-Blick eröffnen. Das Haus des Buches, ein architektonisches Kunstwerk, in dem man nicht nur russischsprachige Bücher kaufen kann. Das etwas seltsame Kaufhaus Gostinyj Dwor mit vielen kleinen Läden inmitten herrschaftlicher Architektur. Souvenirtassen mit Putins Konterfei.
Auf dem Newskij Prospekt stellen wir auch zweifelsfrei fest, wie globalisiert die Welt ist. Alle paar hundert Meter gibt es einen Starbucks, dazwischen McDonalds und weitere Etablissements, die das in den Touristenstädten dieser Welt übliche Speisenangebot führen. Aber irgendetwas ganz leicht Unglobalisiertes, fast Subversives hat es dann schon, wenn der Starbucks-Schriftzug in Kyrillisch an der Hauswand prangt und unsere Vornamen auf Russisch auf die Becher geschrieben werden.
INFO: Sankt Petersburg mit Kindern – Reisetipps
Macht es Sinn, eine Stadt wie Sankt Petersburg mit Kindern zu bereisen? Ich denke: ja. Viel zu staunen gibt es für Kids in jedem Alter. Dennoch möchte ich nach unserer persönlichen Erfahrung sagen: Das Teenageralter ist ein ziemlich guter Zeitpunkt für diese Stadt. Unsere jüngere Tochter war während der Reise zwölf, die ältere hat in Sankt Petersburg ihren 16. Geburtstag gefeiert. Beide sind mental auf einem Stand, in dem sie die Erfahrung Russland gut verarbeiten können. Beide kennen russischstämmige Gleichaltrige, haben gewisse Vorstellungen von der russischen Kultur und bereits dies und jenes über die russische Politik gehört. Womit ich nicht sagen will, dass Sankt Petersburg nicht auch ein gutes Ziel mit jüngeren Kindern wäre. Die Stadt fühlt sich sicher an, bietet Touristen einen hohen Standard und erschließt sich komfortabel zu Fuß, mit der Metro und bei Bedarf auch mal mit dem Taxi. Das Hotelangebot ist riesig; über unsere Unterkunft habe ich hier geschrieben – ebenso wie über die Visumspflicht für Russland und unsere Anreise.
Wir sind fünf Tage lang in der Stadt geblieben, was eigentlich gar nicht wenig ist. Trotzdem haben wir keinen der klassischen Ausflüge in die Schlossanlagen von Peterhof oder Zarskoje Selo unternommen. Das bedauern wir ein wenig, aber wir wollten gerne möglichst viel in der Stadt selbst sehen. Sollte es ein nächstes Mal geben, was ich hoffe, steht auf jeden Fall ein Ausflug in die Umgebung an. Das entspannt auch den etwas stressigen Aufenthalt in der zumindest während des Sommers gut gefüllten Innenstadt.
Wir waren Anfang August in Sankt Petersburg und hatten durchweg feuchtwarmes Wetter. Immer wieder einmal hat es geregnet, nie jedoch den ganzen Tag. Auf Regen, haben wir uns sagen lassen, soll man bei Petersburg-Besuchen immer vorbereitet sein.
Die zweitgrößte russische Stadt ist stark auf Touristen eingestellt, was allerdings nicht heißt, dass man überall besonders gut mit Englisch durchkommt. Selbst Personen, die Tickets für Touristentouren oder Museen verkaufen, tun sich oft sehr schwer mit dem Englischen. Das ließe sich durch Goodwill kompensieren, aber in Petersburg sind wir nicht immer auf Freundlichkeit gestoßen. Gelächelt wird erstaunlich selten. Trotzdem bekommt man am Ende irgendwie, was man will.
Das kyrillische Alphabet muss man übrigens nicht lesen können, wenn man Sankt Petersburg bereisen will. Alle wichtigen Dinge sind auch auf Englisch ausgeschildert. Aber ein bisschen Kyrillisch erhöht den Genuss und lernt sich relativ schnell!
6 Comments
Viermal Fernweh
Was soll ich sagen, Eure Reise ist großartig und St. Petersburg eine mega spannende Stadt. Ich könnte mir vorstellen, das einfach mal “nachzumachen” ;-).
Dieser rote Schlitten erinnert mich an die russischen Märchenfilme, die ich als Kind so geliebt habe.
Liebe Grüße, Ines
Maria-Bettina Eich
Oh ja, Ines, St.Petersburg passt definitiv in Euer Reiseprofil! Irgendwie haben wir es verpasst, die Ostsee tatsächlich von dort aus zu sehen, aber man weiß, sie ist in der Nähe :). In den Schlitten habe ich mich auch verliebt. Er war für mich sowas wie der Beweis, dass das Märchenrussland wirklich existiert hat.
Liebe Grüße,
Maria
Dagmar von Bestager-Reiseblog.
Ein sehr ausführlicher Beitrag zu St. Petersburg , einer sehr interessanten Stadt. Ich war ebenfalls begeistert von ihr.
Maria-Bettina Eich
Das glaube ich! Und die Stadt gibt garantiert einiges her für weitere Besuche.
Noch einen schönen Sonntag!
Maria
Steffi
Jemand der die Tschesme Kirche so sher mag wie ich! Wie schön! Ich habe 5 Jahre in St Petersburg gelebt, freue mcih immer, wenn ich etwas über die Stadt lese udn besonders, wenn es nicht 0815 ist! Mutig übrigens, in der U Bahn zu fotografieren – es ist verboten, wußtest du das? Ich bin allerdings auch nie erwischt worden 😉
Liebe Grüße
Steffi
Maria-Bettina Eich
Hallo, Steffi, wenn Du unsere Petersburg-Tipps nicht 0815 findest, freut mich das sehr! Dass es verboten ist, in der U-Bahn zu fotografieren, wusste ich gar nicht – es war also nicht so sehr Mut als vielmehr Naivität im Spiel. Meine Tochter hat sogar Videos gemacht, aber uns hat nie jemand angesprochen. Manchmal ist es ganz gut, unwissend zu sein! Kennst Du den Grund für das Fotoverbot in der Metro?
Liebe Grüße,
Maria