Zuletzt aktualisiert am 30. März 2024 um 18:32
Im Süden Schwedens haben wir einen magischen Ort gefunden für Menschen, die Überraschungen lieben, Kunst mögen, Kinder haben: Wanås Konst. Einen Wald mit einem mittelalterlichen Schloss in der Mitte, in dem man Dutzende auf die Umgebung zugeschnittener Kunstwerke findet – darunter viele, die zum Schaukeln und Klettern einladen.
Ganz oben: Jacob Dahlgren, oben: Hanne Tierney, unten: Anne Thulin
An der ersten Weggabelung ist unsere Liebe für Wanås Konst besiegelt: Da liegen riesige rote Bälle in Baumkronen, und von hohem Geäst hängt um einen Stamm herum ein Kranz aus unterschiedlich hohen Schaukeln. Hier, im südschwedischen Schonen, nicht weit von Kristianstad, entdecken wir ein Kunstparadies für Familien mit Kindern.
Mitten im Kunstwald: Wanås slott
Site-specific artworks
Wanås slott, um das der kunsthaltige Wald gelegen ist, stammt aus dem Mittelalter. 1987 begann Marika Wachtmeister, die Frau des heutigen Schlossbesitzers, alljährliche Kunstausstellungen auf dem Schlossgelände zu initiieren. Fast zufällig ergab es sich, dass das eine oder andere Kunstwerk im Freien stehen blieb – und Marika Wachtmeister das Potential und den Reiz dieser Outdoor-Kunstpräsentation entdeckte. Wanås Konst fokussierte sich immer stärker darauf, für die jährliche Ausstellung “site-specific artworks” bei internationalen Künstlern und vor allem Künstlerinnen in Auftrag zu geben: auf die Landschaft zugeschnittene Kunstwerke, von denen ein großer Teil permanent im Wald stehen blieb.
An Yoko Onos “Wish Trees” kann jeder seine eigenen Wünsche hängen
Zu den prominentesten Künstlern, deren Arbeiten in Wanås zu sehen sind, gehört Yoko Ono. Seit 1996 können Besucher Fähnchen mit persönlichen Wünschen an ihre “Wish Trees for Wanås” hängen. Jenny Holzer hat die alten Steine der Mauern um das Schlossgelände mit ihren typischen “Truisms” gravieren lassen: kleinen, mal nachdenklichen, mal subversiven Textelementen. Während Robert Wilson ein Holzhaus im Neuengland-Stil entworfen hat, aus dessen Innerem ein von ihm in gravitätischem Tonfall gelesener Text in den Wald schallt.
Robert Wilsons blaues Haus wird gerade renoviert
Kunst zum Sehen, Klettern, Hören
Der einzigartige Spaß, den sowohl Kinder als auch Erwachsene beim Durchwandern des Wanås-Waldes haben, hängt mit der Entdeckerfreude zusammen, die man hier überall erlebt. Der Wald ist so dicht, dass er auch raumgreifende Kunstwerke verdeckt, bis man direkt vor ihnen steht und sie sich als überraschende sinnliche und intellektuelle Erfahrungen mitten in der Natur auftun – mal im Einklang mit ihr, mal als Kontrast zu ihr. Dabei gibt es nicht nur etwas zu sehen. Viele Arbeiten wollen aktiv durch Schaukeln, Klettern und Sitzen erkundet werden; andere wirken akustisch. Während unsere jüngere Tochter auf den farbenfrohen Strukturen von Jacob Dahlgren (Bild ganz oben) herumklettert, die sie als “Minecraft-Kunstwerk” bezeichnet, hören wir aus dem Wald geisterhafte “Mama!”- und gelegentlich auch “Papa!”-Rufe – mal von brüchig-rauen Männerstimmen, mal in Kleinkind-Tonlagen: eine unheimliche Hänsel-und-Gretel-Erfahrung. Diese Soundinstallation von Marianne Lindberg De Geer würde so in keinem Museum funktionieren.
Melissa Martin lädt zu einer sehr luftigen Mahlzeit ein
Wanås Konst: die perfekte Mischung
Wanås Konst scheint über eine Zauberformel zu verfügen, der es gelingt, Qualität und Zugänglichkeit der Kunstwerke zu verbinden. Um den Besuch zu genießen, braucht man kein Experte zu sein. Eines der erklärten Ziele von Wanås Konst ist es denn auch, Personen anzusprechen, die selten ins Museum gehen – ebenso wie Kinder. Der Mitmach- und Anfass-Charakter vieler Kunstwerke gehört zum Konzept. Gleichzeitig kommt auch der erprobte Museumsgänger ganz und gar auf seine Kosten. Dieser Brückenschlag funktioniert erstklassig bei der Ausstellung unseres Besuchs-Sommers. Sie heißt “Barriers” und zeigt Arbeiten von Künstlern aus Südafrika. Unser Favorit: die aus Baumstämmen gepixelte Wildsau von Hannelie Coetzee.
Hannelie Coetzees aus Baumstämmen gepixelte Wildsau
3 Comments
Anke von Heyl
Liebe Maria-Bettina,
da hast du ja im Pippi-Langstrumpf-Land einen wunderbaren Ort entdeckt. Tolles Konzept und beeindruckende Künstlerliste. Kann man dort auch wohnen oder ist das nur der Skulpturenpark?
Ich war als Kind mehrmals in Schweden. Und vor vielen Jahren einmal wieder in Stockholm. Eigentlich würde ich gerne mal wieder dort Urlaub machen.
Vielen Dank auf jeden Fall für deinen schönen Bericht.
Herzlichst
Anke
Maria-Bettina Eich
Liebe Anke,
vielen Dank! Nein, wohnen kann man dort nicht; ich denke sowieso, die ganze Logistik, die man dort benötigt, ist recht anspruchsvoll: kein Flughafen in der Nähe, jede Stadt mit nennenswerter Kulturszene ein gutes Stück entfernt… Kristianstad ist der nächste größere Ort mit Hotels, Restaurants und so weiter.
Wir lieben Schweden schon lange, aber diesmal sind wir gekommen, als der Sommer aufhörte, und das würde ich nicht unbedingt wiederholen, jedenfalls nicht in einer sehr ländlichen Gegend. Ansonsten: hinfahren!
Herzliche Grüße,
Maria-Bettina