Bücher-Countdown Nr.2
WIE KOMMT DIE KUNST INS MUSEUM? Gute Frage, die sich jetzt ein großes Bilderbuch desselben Titels aus dem Karl Rauch Verlag stellt. Die Autoren sind drei tschechische Museumsleute: Ondřej Chrobák, Rostislav Koryčánek und Martin Vaněk. David Böhm hat den Band illustriert.
Museumshistorie: Vom Kuriositätenkabinett bis zum White Cube
“Es gibt viele Bücher über Kunst auf dieser Welt”, lautet der erste Satz von WIE KOMMT DIE KUNST INS MUSEUM. Ein paar Zeilen weiter wird erklärt: “Unser Buch ist anders. Wir begeben uns gemeinsam an den Ort, wo man Bilder, Skultpturen und andere Kunstobjekte mit eigenen Augen sehen kann.” In einem ersten Kapitel wird die Geschichte der Museen und Galerien aufgerollt, und das wunderbar kurzweilig: mittels einer Art ausklappbarer Zeitwelle, die mit den Kapitolinischen Museen beginnt und mit dem neuen Louvre in Abu Dhabi endet. Danach geht es um die großen Museumstypen von der Kunstkammer bis zum White Cube – mit einem Zwischenstopp bei dem einzigartigen “Kabinett der Abstrakten”, das der russische Konstruktivist El Lissitzky 1927 für das damalige Provinzialmuseum Hannover schuf und das heute im Sprengel Museum Hannover zu sehen ist.
“In einem Museum bekommen die Dinge eine andere Bedeutung”
Nebenher wird noch kurz das Prinzip Ready-made erklärt – anhand der berühmten Installation “Mein Bett”, die schlicht und ergreifend in einem ungemachten Bett bestand, das die Britin 1998 zum Kunstwerk erklärte. Die knappe Erklärug, die die Autoren zu diesem Kunstwerk liefern, ist in ihrer Klugheit und Klarheit kaum zu übertreffen: “In einer Galerie oder einem Museum bekommen die Dinge eine andere Bedeutung. Es interessiert uns nicht, wer das Bett machen wird. Wichtig ist die Wirkung, die der Anblick in uns hervorruft, das, was uns ein ungemachtes Bett mitteilt. So etwas könnt ihr nur in Museen und Galerien erleben.”
Mikrokosmos Museum
Was man noch in Museen und Galerien erleben kann, ist ein ungeheurer wissenschaftlicher, technischer und logistischer Aufwand, der um die Kunstwerke betrieben wird. “Wie ein Museum funktioniert” ist der Titel des zweiten Buchkapitels, und wieder gibt es etwas zum Ausklappen: ein Panorama, auf dem die Berufe präsentiert werden, ohne die der Mikrokosmos Museum nicht funktionieren würde – vom Direktor über den Deoptverwalter und die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit bis hin zur Raumpflegerin. Außerdem geht es um Erwerb, die Lagerung und den Schutz der Kunstwerke, wobei das Thema Schutz durch eine spannende Anekdote aus der Geschichte des Kunstraubs untermalt wird. Last, aber keineswegs least, beschäftigt sich dieses Kapitel mit den vielen Dingen, die die Besucher im Museum machen können – vom Besuch eines Vortrags bis zum Treffen mit Freunden. Denn, und daran besteht schon nach dem Durchblättern der ersten Seiten von WIE KOMMT DIE KUNST INS MUSEUM kein Zweifel mehr, das Museum ist ein lebendiger Bienenstock und keineswegs eine sterile, abgehobene Einrichtung.
Von der Idee zur Ausstellung
In seinem letzten Teil widmet sich das großformatige Bilderbuch für Kinder ab acht Jahren dem Thema Kunstausstellung. Wieder erfährt man Spannendes über den Aufwand und die Logistik. die nötig sind, bis aus einer Idee eine Museumsschau wird – und ist schließlich auf detailreichen und witzigen Panoramaseiten dabei, wenn die Ausstellung eröffnet wird. Eine gute und eine schlechte Kritik der fingierten Ausstellung schließen WIE KOMMT DIE KUNST INS MUSEUM ab – und am Ende ein Glossar, das sämtliche im Buch gezeigten Kunstwerke erläutert.
Die deutsche Version dieses grandiosen tschechischen Museumsbuchs hat seit ihrem Erscheinen im September 2017 schon viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen – zu Recht. Was hier mit vielen Bildern und exemplarischem Infotainment erklärt wird, erfährt man so unkompliziert und kompakt kaum irgendwo. Wer nicht im Museum arbeitet, kann hier garantiert noch etwas Neues lernen, auch wenn er sehr oft Museen besucht. Ich bin das perfekte Beispiel. Wer aber, gerade im Kindesalter, Museen für hermetische Institutionen hält, die nur ein paar Kulturfreaks etwas angeht, kommt bei der Lektüre schnell auf andere Gedanken, denn das Museum braucht den Techniker ebenso wie den Kurator und kann ebenso ein Ort sein, an dem man selbst kreativ wird, wie ein Platz der Wissensvermittlung.
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