Zuletzt aktualisiert am 1. April 2020 um 12:43
INWIEFERN GEHT DESIGN KINDER UND JUGENDLICHE AN? #DESIGN-DIENSTAG
Fotos von damals, als man noch Filme in die Kamera einlegte, zeigen heute oft seltsame Farbeffekte. Manchmal sind sie so bunt, dass man erschrickt. Eher allerdings erscheinen sie trüb, blass oder verfärbt. Gelegentlich liegt das am Filmmaterial oder an der Entwicklung, meistens aber an der Zeit: Wenn man Papierfotos lagert, verblassen sie, vergilben und bekommen Farbstiche, die das abgebildete Motiv eigenartig falsch aussehen lassen.
Mit diesen Problemen hat die Digitalfotografie aufgeräumt; in Datenform gespeichert, bleiben die Fotos immer klar und frisch – nur finden wir das offenbar gar nicht mehr so schön wie damals, als man darum kämpfen musste.
Über die digitalen Fotos, die so makellos sein könnten, legen Millionen von Menschen täglich Instagram-Filter, mit denen sie aussehen wie die Bilder von einst: bläulich-blass, vergilbt, ungleichmäßig eingefärbt, milchig, trüb, überbelichtet oder künstlich bunt wie alte Polaroids.
Sind die früheren Zeiten so poetisch, dass man sie per Filter aufs Foto holen will? Viele Instagrammer haben die Ära der analogn Kamera gar nicht aktiv miterlebt; schöne Erinnerungen an die gute alte Zeit weckt die Patina bei ihnen nicht. Trotzdem verwirklichen sie ihre Kreativität, indem sie Bilder, die ihre Welt zeigen, in Bilder verwandeln, die wie aus einer anderen Zeit aussehen. Was natürlich romantisch ist. Und wenn man einen Schleier des Unperfekten über einwandfreie Fotos legt, dann wirken sie auf einmal so selbstgemacht, wie es normale Digitalbilder nicht können. Trotzdem darf man sich fragen, ob individuelle Bilder wirklich alt aussehen müssen. Ob wir die technisch glatte Oberfläche so satt haben, dass wir ein bisschen vom Rohen, Nicht-Gelackten wiederhaben wollen. Sieht fast so aus. Immerhin ist die Anziehungskraft der Retro-Optik von Instagram groß genug, um auch Profi-Fotografen zu beeinflussen.
Was es mit dem DESIGN-DIENSTAG auf sich hat, steht hier
4 Comments
Jenny
Schau an, so hab ich es noch gar nicht gesehen!
Maria-Bettina Eich
Tja, Bloglesen eröffnet doch immer wieder neue Perspektiven…
Jutta
Nostalgie ist IN. Es sind Modewellen. Diejenigen, die sie angestoßen haben, sind wahrscheinlich schon einen Schritt weiter. Trotzdem glaube ich, dass vielen das zu Glatte, zu Perfekte nichts gibt. Es spricht nicht an. Haken und Ösen sind oft spannender als pure Perfektion. Wie immer gib es Ausnahmen von der Regel : ) Interessanter Ansatz! Sonnige Grüße, Jutta
Maria-Bettina Eich
Liebe Jutta,
absolut; mit Sicherheit wird auch diese Modewelle weiterziehen. Aber ich finde es frappierend, wie intensiv das Nostalgie-Thema viele Menschen gerade bewegt. Der Gedanke zu dem Blogpost kam mir durch meine Töchter: Die Kleine, knapp elf, tobt sich kreativ mit Instagram-Nostalgiefiltern aus und wünscht sich eine Polaroid-Kamera; die 14-jährige Schwester hat gerade ihre Begeisterung für die gute alte Vinyl-LP entdeckt. Irgendwie verrückt! Es sind wohl wirklich die Haken und Ösen, an denen man sich festbeißt. Wobei man natürlich immer das verklärt, was nicht selbstverständlich ist – als ich eine Jugendliche war, konnte ich farbstichigen Fotos nichts abgewinnen!
Herzlich,
Maria