Zuletzt aktualisiert am 23. Januar 2020 um 19:45

Silke hat vier Jahre lang mit ihrer Familie in Peking gelebt. Als sie nach China gezogen sind, waren ihre Töchter zwei und fünf, als sie nach Deutschland zurückgekommen sind, sechs und neun Jahre alt. Wenn jemand etwas über Peking mit Kindern erzählen kann, dann Silke.

Peking mit Kindern

Matthias, Malea, Silke und Celia im Sommerpalast: einer ihrer Lieblingsorte in Peking

Kannst du Peking als Reiseziel für Familien mit Kindern empfehlen?

Auf jeden Fall. Es kommt natürlich darauf an, ob die Kinder an Städtereisen gewöhnt sind, aber es gibt viele Sachen, die man in der Stadt oder auch ein bisschen außerhalb in den Bergen mit ihnen unternehmen kann.

Peking mit Kindern: Reiseorganisation

Ist eine Peking-Städtetour sinnvoll für Leute, die zum ersten Mal nach China kommen, oder sollte man auf jeden Fall eine Rundreise durchs Land machen?

Ich finde, dass Peking durchaus ein ausreichendes Ziel für so einen langen Flug ist. Eigentlich ist es sogar schade, dass viele von Peking aus sehr schnell weiter in den Süden reisen. Mit Kindern – und auch ohne – erlebt man die Stadt intensiver, wenn man sich ein bisschen Zeit nimmt. Ich würde außerdem von Peking aus immer wieder kurze Tagestouren in die Berge unternehmen. Familien mit Kindern würde ich empfehlen, Peking mit einer Zureise nach Xian zu verbinden, wo die Terrakotta-Krieger zu sehen sind. Wir haben einen Nachtzug dorthin genommen, was die Kinder super fanden.

Terrakotta-Armee China

2000 Jahre alt: die Terrakotta-Armee

Wie kann man so eine Tour ohne Sprachkenntnisse organisieren?

Man sollte vorab in Peking jemanden suchen, der sich darum kümmert. Es gibt spezialisierte Reisebüros; man kann auch im Hotel fragen. Ich würde so eine Tour mit Unterstützung machen – mit einem Guide oder mit einem Fahrer vor Ort in Xian. Preislich ist das in China gut machbar. Ansonsten kommt man sprachlich schnell an seine Grenzen.

Wie viele Tage sollte man für Peking einplanen?

Drei, vier Tage sind Minimum, aber auch ein bis zwei Wochen kann man gut mit interessantem Programm füllen.

Was darf man in Peking nicht verpassen?

Was sollte man in der Stadt unbedingt anschauen?

Die Verbotene Stadt muss man natürlich gesehen haben. Wenn man dort ist, finde ich es wichtig, noch auf den Kohlehügel zu steigen. Er liegt gegenüber der Verbotenen Stadt im Jingshan-Park; von ihm aus kann man die komplette Palastanlage überblicken (siehe Bild ganz oben). Mich persönlich allerdings hat der Sommerpalast noch mehr berührt als die Verbotene Stadt.

Peking mit Kindern: Sommerpalast

Peking: im Sommerpalast

Sightseeing in Peking mit Kindern: der Sommerpalast

Er ist fantastisch, auch für Kinder. Außerdem würde ich auf jeden Fall den buddhistischen Lama-Tempel besuchen. Das ist mein Lieblingstempel; er ist nicht riesig, aber wunderschön. Spannend ist auch der Himmelstempel. Im Tiantan-Park beim Himmelstempel sieht man regelmäßig Chinesen, die Tango tanzen, Chigong machen, singen.

Wie ist es mit den Hutongs, von denen man viel liest?

Die Hutongs sollte man auf jeden Fall sehen. Diese alten Häuser sind nach einem bestimmten System in Vierecken angelegt. Früher waren sie das typische Wohnmodell: Es gab einen Innenhof, um den herum die Räume nach festen Regeln angelegt waren. Von einem Zimmer kam man nur durch den Hof ins nächste Zimmer. Früher war ein Großteil der Häuser in Peking Hutongs. Leider wurde ein großer Teil von ihnen abgerissen, aber in der Nähe des Houhai-Sees gibt es noch sehr viele, die inzwischen auch renoviert werden und in denen die Leute nach wie vor wohnen.

Hutong

Hutong-Viertel Peking

Straßenszene im Hutong-Viertel von Peking

Durch das Hutong-Viertel von Peking

Am besten schaut man sie sich auf klassisch-touristische Weise an: Mit Kindern ist eine Rikscha-Fahrt toll, bei der die Fahrer eine Tour mit verschiedenen Stops machen, während derer man sich die Hutongs genauer ansehen kann. Aber auch auf eigene Faust kann man gut durch das Hutong-Viertel streifen und dort einfach das Alltagsleben auf sich wirken lassen.

Insidertipps für Familientrips nach Peking

Hast du ein paar spezielle Tipps für Kinder? Dinge, die bei deinen Töchtern besonders gut ankamen?

Unbedingt würde ich in den großen Kunstpark 798 gehen. Kein typisches Touristenziel, aber unsere Kinder haben es dort geliebt. 798 ist ein altes Fabrikgelände, das umgebaut wurde. Es gibt Galerien, Künstler haben dort ihre Ateliers. Du kannst stundenlang hindurchspazieren, zwischendurch in eines der Restaurants dort gehen; es ist riesig. Auch im Freien stehen Kunstwerke, das Ganze ist unheimlich vielfältig.

798 in Beijing

Kunstpark 798 in Peking

Tolles Erlebnis, wenn man Peking mit Kindern besucht: der Kunstpark 798

Außerdem gibt es ein nettes altes Sträßchen, Nan luo gu xiang, durch das ich unbedingt mit Kindern gehen würde und in dem es übrigens auch ein uriges, allerdings ganz einfaches, Hostel gibt.

Nan luo gu xiang

Nan luo gu xiang

Auch der Hongluo-Tempel, der Tempel der Roten Schnecke, ist fantastisch. Er liegt in einem 600 Jahre alten Bambushain am Fuße des Hongluo-Berges, den man über viele Treppen besteigen kann. Im Tempel gibt es unter anderem Buddhas in roten Mäntelchen zu sehen.

Was sind deine liebsten Kuriositäten?

Toll ist der große Dong-Hua-Men-Essensmarkt mit seinen Skorpionen und Maden und anderem aufgespießtem Getier: ein Nachtmarkt; den finden auch Kinder superspannend.

Nachtmarkt Peking

Spannend: Nachtmarkt in Peking

Wie kommt man sprachlich klar?

Du stößt, wie gesagt, schnell an deine Grenzen. Wenn du unterwegs bist, solltest du immer eine Visitenkarte von deinem Hotel dabei haben. Seit der Olympiade gibt es einige Taxifahrer, die etwas Englisch sprechen, aber meistens sind es ein paar Standardbrocken. An den wichtigsten touristischen Punkten kommst du immer irgendwie weiter. Zwischen den großen Sehenswürdigkeiten kann man auch gut mit der U-Bahn hin- und herfahren; Fahrkartenautomaten haben eine englische Anzeige. Und Einkaufen ist kein Problem; man kann sich immer mit Händen und Füßen verständigen. Die Chinesen sind sehr offen. Außerdem ist Peking unheimlich sicher, sogar nachts kann man sich frei bewegen, auch als Frau.

Tagesausflüge von Peking aus

Du hast von Tagesausflügen in die Berge gesprochen. Was gibt es da für Ziele?

Was man unbedingt ansehen muss, ist der Seelenweg bei den Ming-Gräbern, etwa eineinhalb Stunden von der Stadt entfernt. Die Gräberanlage ist sehr groß und in einem Tal gelegen. Durch den Anfang dieses Tals erstreckt sich der Seelenweg über eineinhalb Kilometer. Entlang dem Weg stehen Steinfiguren: teilweise Tiere, teilweise Fabelwesen. Wir haben dort ganze Tage verbracht, zwischendurch mit den Kindern gepicknickt, die Figuren in Ruhe inspiziert. Unseren Töchtern hat es dort sehr gut gefallen. Bei so einem Ausflug kann man sich auch eines der Ming-Gräber anschauen, die unter die Erde hinabgehen.

Ausflugsziel Peking mit Kindern

Peking mit Kindern: Seelenweg bei den Ming-Gräbern

Der Seelenweg bei den Ming-Gräbern

Eine gute Stunde von der Stadt entfernt sind die Silberpagoden, eine heilige Stätte, an der früher Mönche gelebt haben. Dort waren wir oft; es ist wunderschön. Oberhalb an einem Plateau gibt es einen Glockenturm, an dem man die Glocke schlagen kann – was die Kinder toll fanden.

Die Silberpagoden bei Peking

Ausflugsziel Silberpagoden

Die Chinesische Mauer ist natürlich ein absolutes Muss, unheimlich faszinierend. Sie ist auch etwa eine Stunde von der Stadt entfernt. Wir sind oft nach Badaling gefahren, das relativ nah, aber auch sehr voll ist.

China: Great Wall

Die Chinesische Mauer bei Badaling

Die Chinesische Mauer bei Badaling

Was man vor der Reise wissen sollte

Wie ist es mit der Luftverschmutzung?

Wenn du keine Atemwegskrankheit hast, macht dir die schlechte Luft während einer Reise nichts aus. Die Situation schwankt auch nach Jahreszeiten. Der Sommer ist keine gute Reisezeit. Die hohe Luftfeuchtigkeit hält die ganzen Schmutzpartikel. Eine der schönsten Jahreszeiten ist der Herbst, in dem der Himmel oft blau und die Luft gut ist.

Wie man immer hört, ist das Essen in China ganz anders als im deutschen Chinarestaurant. Kommt man, gerade mit Kindern, gut damit klar, oder gibt es viel Scharfes, Wildes?

Scharf ist nur weniges. Es variiert: Viele Gerichte können auch Kinder gut essen – wobei es natürlich aufs Kind ankommt. Es gibt auch einiges, was ähnlich schmeckt wie im Chinarestaurant; Hühnchen mit Reis und ähnliches. Superlecker sind Jiaozi: eine Art kleine Maultaschen, gefüllt mit Gemüse, mit Fleisch, mit allem möglichen. Man tunkt sie in eine saure braune Sauce. Die chinesische Küche ist regional sehr unterschiedlich. Hund zum Beispiel bekommt man im Norden so gut wie nie. Eher Schwein, Rind und Geflügel. Das Essen zu bestellen, ist gar kein Problem. In den meisten Restaurants gibt es Speisekarten mit Bildern. Bei der Restaurantauswahl: reingehen, und wenn es eklig erscheint, wieder rausgehen. Wobei ich eigentlich wenig Ekliges erlebt habe. Auch, wenn es manchmal nicht den Eindruck macht, stimmt es meistens mit der Hygiene. Selbst mit Streetfood hatten wir nie Probleme. Schlecht isst du in China eigentlich kaum.

Peking mit Kindern: Jaozi

Essen in Peking: Jaozi

Was hat dir am besten gefallen an Peking, was am schlechtesten?

Am besten gefallen hat mir die alte Kultur. Das Alte schwingt immer mit. Manchmal sind die Gegensätze sehr krass, aber gerade das hat mir gefallen. Eselkarren neben Porsche Cayenne – das Alte war immer noch spürbar. Manchmal war das sehr schräg und nicht immer toll, aber auf eine gewisse Weise faszinierend. Wenn du eine Dreiviertelstunde rausfährst aufs Land, machst du einen Zeitsprung von einem Jahrhundert zurück. Diese Spuren des Alten haben mir am besten gefallen – sie waren auch der Grund, aus dem ich mich auf China gefreut hatte. Am wenigsten gefallen hat mir die Luft – klar. Aber, wie gesagt: Es ist immer unterschiedlich. Alle denken, in Peking gibt es nur Smog. Aber wir hatten auch viele wunderschöne Tage. Sonst wären wir nicht so lange geblieben!

Pferdewagen auf den Straßen von Peking

Stadtpanorama Peking

Überall Kontraste von Alt und Neu

Danke an Silke Fritz für die Antworten und die Fotos! Wer mehr über Peking mit Kindern und die Erfahrungen einer Expat-Familie allgemein lesen möchte: Auf ihrem Blog Wanderfalke erzählt Silke von ihren vier Jahren in China.

Alle Fotos: © Silke Fritz