Zuletzt aktualisiert am 20. März 2018 um 23:00

INWIEFERN GEHT DESIGN KINDER UND JUGENDLICHE AN? #DESIGN-DIENSTAG

Wenn man in den Jahrzehnten nach 1873 in Amerikas Westen lebte und einer harten Arbeit nachging, so wie etwa die Goldgräber und Cowboys, dann trug man häufig eine der strapazierfähigen indigoblauen Segeltuchhosen, deren Design mit nietenverstärkten Taschen sich der Händler Levi Strauss patentieren lassen hatte. Kult wurden die Hosen, die man inzwischen Blue Jeans nannte, in den 1950-er Jahren. James Dean trug sie 1955 in dem Film “Rebel Without a Cause”, und die Arbeiterhose wurde zum Modeaccessoire der Jugendlichen: ein Akt der Rebellion in einer Zeit, in der die Kleidungskonventionen noch sehr förmlich waren.

Seither ist der Siegeszug der Jeans ungebrochen. Die Hippies mochten und die Rocker mögen es ausgefranst, denn ein Kleidungsstück, das für das harte Leben steht, kann ruhig noch etwas abgerockter aussehen als im fabrikneuen Zustand. Weshalb die Hersteller ihre Jeans zunehmend im Used-Look produzierten: so verwaschen, als wäre man mit ihnen jahrelang über die Prärie geritten. Obwohl inzwischen bekannt ist, dass diese Waschungen extrem umweltschädlich sind und dass die aggressive Sandstrahl-Technik die Gesundheit der Textilarbeiter gefährdet.

Wir haben uns an diesen Look gewöhnt. Smarte Banker tragen ihn ebenso wie rüstige Rentner und Babys. Ans derbe Leben lassen uns Jeans schon lange nicht mehr denken; von ihrem rebellischen Charme ist nur noch eine Erinnerung übrig. Bis vor ein paar Jahren das neueste Kapitel in der Geschichte der Jeans begann: Die Distressed oder Destroyed Jeans erzählt schon durch ihren Namen davon, dass ihr übel mitgespielt wurde. Sie hat Risse und Löcher, manchmal nur oberflächlich, manchmal so massiv, dass Teile des Beins nur noch von einem fragilen Netz bedeckt sind. Diese Jeans sehen aus, als hätten sie verdammt viel erlebt: ein Eindruck, der auf ihre Träger zurückfällt. Wer seine Hose so zugerichtet hat, der muss einiges hinter sich haben, was mit unserer komfortablen westlichen Routine nichts zu tun hat: richtige körperliche Arbeit zum Beispiel oder eine hammerharte Tour durch die Wildnis. Offenbar sehnen wir uns nach genau diesem Flair, anders ist der durchschlagende Erfolg der Distressed Jeans nicht zu erklären – wenngleich sie natürlich auch sexy Durchblicke auf die bloße Haut erlaubt.

Einfach nicht weiter drüber nachdenken. Sonst könnte es frustrierend sein, dass wir das coole wilde Leben durch vorfabrizierte Spuren auf unserer Kleidung faken. Und nebenbei noch ihre uralte Grundfunktion in den Wind schlagen – schließlich soll Kleidung den Körper eigentlich bestmöglich schützen. Weil sie das selbst unter heftigen Strapazen konnten, haben die Jeans sich damals durchgesetzt, als es wirklich noch einen wilden Westen gab.

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